Vielleicht liegt es daran, dass beide gebürtige
Hamburger sind, auch wenn ihr weiterer Lebensweg unterschiedlicher
nicht hätte verlaufen können. Die Kanzlerin und ihr Herausforderer
sind kühle Kopfmenschen, rationale und nüchterne Pragmatiker, für die
Politik darin besteht, anstehende Probleme zu lösen. Visionen sind
ihnen eher fremd, Emotionen erst recht. Und auch politisch stehen sie
sich näher, als es ihnen wahrscheinlich selber lieb sein kann:
Während die Konservativen in der Union seit Jahren lautstark
lamentieren, Angela Merkel betreibe eine Sozialdemokratisierung der
CDU, hadern die Linken in der SPD mit Peer Steinbrück, der ihnen viel
zu ökonomisch und ordnungspolitisch ausgerichtet ist. Mit einem
Unterschied: Angela Merkel würde ihre eigenen Parteifreunde niemals
öffentlich als „Heulsusen“ abmeiern, selbst wenn ihr dieser Gedanke
das eine oder andere Mal auch kommen sollte. Die Kanzlerin, ganz
Staatsfrau, hat sich im Griff, der Herausforderer muss erst noch den
Beweis erbringen, dass er dazu ebenfalls in der Lage ist. Allein
schon aus diesem Grund verspricht das Duell der beiden spannend zu
werden. Wie wollen sie sich, die in Zeiten der Großen Koalition vier
Jahre lang erfolgreich und vertrauensvoll zusammengearbeitet haben,
voneinander absetzen? Wie wollen sie ihr Profil schärfen und ihre
eigenen Anhänger mobilisieren, wenn sie so weit nicht
auseinanderliegen? Und, vor allem, mit welchem Thema will Steinbrück
die Kanzlerin, die die Atomkraft abgeschaltet, die Wehrpflicht
ausgesetzt, die Kinderbetreuung ausgebaut hat und sich nun auch für
Lohnuntergrenzen erwärmt, in die Defensive drängen? Wie schwer es für
den Herausforderer werden wird, machte die Europa-Debatte im
Bundestag deutlich, das erste große Rede-Duell nach der offiziellen
Kür Steinbrücks zum Kanzlerkandidaten der SPD. Ein Jahr vor der Wahl
hat damit der Wahlkampf begonnen, die politischen Lager igeln sich
ein, die Kontrahenten schenken sich nichts. Das Duell nimmt Formen
an. Hier der offensive und aggressive Herausforderer, der den Kampf
mit offenem Visier sucht, da die Amtsinhaberin, die sich nicht aus
der Ruhe bringen und alle Attacken regungslos an sich abperlen lässt.
Steinbrück wird seine Chance suchen, und doch hat ihm bereits das
erste Rede-Duell vor Augen geführt, wie schwer es sein wird, einen
Treffer zu landen. An Merkel sind schließlich schon ganz andere
gescheitert.
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