Badische Neueste Nachrichten: Die Rebellion

Es gab schon schönere Zeiten im Leben des Klaus
Wowereit, des ungekrönten Sonnenkönigs von Berlin. Dreimal machte er
dank seines Charismas und seiner Popularität die SPD zur stärksten
Partei in der Hauptstadt, wobei er sich programmatisch derart wendig
zeigte, dass er sowohl Koalitionen mit den Grünen, der Linkspartei
und der CDU eingehen konnte. Und die SPD folgte jedem Schwenk. Doch
nun ist die Erfolgsserie gerissen. Erst das Desaster um den neuen
Großflughafen, dessen Eröffnung wegen eklatanter Baumängel
kurzfristig abgesagt werden musste, nun die Abwahl seines engsten
Vertrauten und potenziellen Kronprinzen Michael Müller als Chef der
Landes-SPD, der die Partei auf Kurs hielt und für Ruhe sorgte.
Schlimmer noch für „Wowi“: Zum ersten Mal stellte sich die eigene
Basis demonstrativ gegen ihr Zugpferd und Erfolgsgaranten, erstmals
rebellierte die Partei gegen ihren Sonnenkönig und verweigerte ihm in
einer zentralen Frage die Gefolgschaft. Elf Jahre konnte Wowereit im
Roten Rathaus reichlich ungestört schalten und walten wie er wollte,
die Partei sonnte sich in seinem Glanze. Damit ist es nun vorbei. Mit
Jan Stöß steht nicht nur ein Exponent des linken Flügels und ein
Kritiker des ungeliebten Bündnisses mit der CDU an der Spitze der
Hauptstadt-SPD, sondern auch ein unabhängiger Geist, der die Partei
vom Senat emanzipieren und ihr Profil auch notfalls gegen den eigenen
Regierungskurs schärfen will. Für Wowereit verheißt das nichts Gutes.
Nun weht ein anderer Wind in der Berliner SPD.

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Klaus Gaßner
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