War da was? Keine zehn Tage ist der
EU-Krisengipfel in Brüssel her, doch wer in Reims nach Anzeichen von
Spannungen zwischen Frankreichs Präsident François Hollande und
Bundeskanzlerin Angela Merkel suchte, wurde enttäuscht. Die
Veranstaltung zum 50. Jahrestag der deutsch-französischen Aussöhnung
sollte nicht der Moment für Differenzen werden, sondern einzig und
allein Harmonie transportieren und an die historische Leistung der
Visionäre Adenauer und de Gaulle erinnern, die Erbfeindschaft der
beiden Völker zu überwinden. Das Symbol ist gelungen. Sogar zu einer
Umarmung mitsamt Küsschen ließ sich das neue deutsch-französische Duo
hinreißen. Dies wirkte so spontan, dass es fast zuversichtlich
stimmt, auch wenn es hinter den Kulissen noch knirscht. Doch seit der
französische Präsident von der Last des Wahlkampfs befreit ist und
auf dem Brüsseler Gipfel in Sachen Eurobonds zurücksteckte, während
die Bundeskanzlerin, wenn auch zähneknirschend, Zugeständnisse in
Sachen Euro-Rettung machte, wirkt das Duo Merkel-Hollande ohnehin
entspannter. So bleibt die Hoffnung, dass das Symbol des gemeinsamen
Gedenkens dazu beitragen könnte, das Verständnis auch in anderen
entscheidenden Fragen voranzutreiben. Zumal der Elysée-Vertrag, mit
dem Adenauer und Charles de Gaulle die in Reims eingeleitete
Aussöhnung ein halbes Jahr später besiegelten, beiden Ländern auch
politisch einen derart engen Austausch aufzwingt, dass Berlin und
Paris – auch wenn sie verschiedener Ansicht sind – gar nicht
umhinkönnen, als miteinander zu sprechen und letztlich einen
gemeinsamen Nenner zu finden. Der Zwang zur Kompromisssuche ist
ohnehin die eigentliche Errungenschaft des Vertrags und hat bisher
noch bei allen Kanzler-Präsidenten-Tandems geklappt. Auch bei denen,
wo das persönliche Verhältnis anfangs doch sichtlich frostig war –
wie bei Merkel und Hollande.
Pressekontakt:
Badische Neueste Nachrichten
Klaus Gaßner
Telefon: +49 (0721) 789-0
redaktion.leitung@bnn.de