Mit einer freien Presse hat Peking nicht viel im
Sinn: Lobeshymnen gerne – Kritik aber doch lieber nicht, so heißt das
Credo seit Jahrzehnten. Auch der Abschiedsbesuch von Wen Jiabao in
Brüssel machte da keine Ausnahme. Wenn den Granden aus dem
Riesenreich etwas nicht passt, wird einfach das Mikrofon ausgestellt.
Auch nach Jahren an den Schalthebeln der Macht hat Wen Jiabao nichts
dazugelernt. Wenn der Regierungschef in ein paar Wochen abtritt und
seinem Nachfolger Platz macht, wird sich zeigen, ob die künftige
Garde in Peking auch in dieser Frage für neuen Wind sorgen wird. In
der EU-Hauptstadt ließ sich der scheidende chinesische Regierungschef
als guter Freund der Europäer feiern – trotz einiger Misstöne. Peking
sitzt längst mit am weltweiten Finanz-Tisch, wenn es um die Rettung
des Euro geht. Die chinesische Zentralbank hat Riesensummen in den
Tresoren, von denen sie ungern will, dass sie an Wert verlieren. Ein
funktionierendes Finanzsystem ist die Voraussetzung für den
wirtschaftlichen Erfolg des Reichs der Mitte. Menschenrechtsfragen
spielen seit langem nur noch eine untergeordnete Rolle. Es geht um
Handelsvorschriften, um Produktpiraterie und um den freien Zugang zu
den Märkten. China hat sich zur Industrienation gemausert, die auf
der internationalen Bühne mit harten Bandagen auftritt.
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Badische Neueste Nachrichten
Klaus Gaßner
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