Badische Neueste Nachrichten: Mühsamer Dialog

Die Zeiten, in denen die Islamkonferenz allein
deshalb schon als Erfolg galt, weil sie existierte, da es erstmals
ein Gremium gab, in dem Vertreter des Staates und der Muslime in
Deutschland miteinander redeten, sind längst vorbei. Sechs Jahre nach
ihrer Gründung wird die Islamkonferenz ausschließlich an ihren
Ergebnissen gemessen. So gesehen kann Bundesinnenminister Hans-Peter
Friedrich, der noch immer so wirkt, als könne und wolle er mit dem
ungeliebten Erbe seiner Vorgänger nichts anfangen, zufrieden sein.
Die jetzt verabschiedete Erklärung gegen häusliche Gewalt und
Zwangsverheiratung, auf die sich die Muslime unterschiedlichster
Herkunft und Religiosität verständigt haben, ist von enormer
Bedeutung für die in Deutschland lebenden Muslime. Unmissverständlich
kommt darin zum Ausdruck, dass Gewalt gegen Frauen und
Zwangsverheiratung weder religiös begründbar sind noch eine
Glaubensfrage darstellen, sondern ausschließlich einem überkommenen
patriarchalischen Gesellschaftsbild entspringen. Auch für muslimische
Mädchen und Frauen gelten die Freiheitsrechte des Grundgesetzes.
Dieses Bekenntnis war überfällig. Dass die Islamkonferenz gleichwohl
an einem toten Punkt angekommen ist, hat andere Gründe, die in der
Konstruktion des Gremiums liegen. Die Verbände vertreten nur eine
Minderheit der in Deutschland lebenden Muslime, die unabhängigen
Einzelpersonen haben erst recht kein Mandat, und was den aufgeklärten
säkularen Kräften nicht reicht, geht den konservativen Gruppen schon
viel zu weit. Und mittendrin ein Innenminister, der wenig Engagement
zeigt. Viel spricht dafür, dass die Islamkonferenz mit Ende der
Legislaturperiode still und leise ausläuft. Es war gut, dass es sie
gegeben hat, das Erreichte kann sich sehen lassen, aber nun sind die
Muslime selbst gefordert, ihr Verhältnis zu dem Land, in dem sie
leben, zu klären und sich klar und unmissverständlich zum Grundgesetz
und den in Deutschland geltenden Gesetzen zu bekennen. Ganz ohne
Islamkonferenz und ohne Bundesinnenminister.

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