Keine drei Monate hat Nicolas Sarkozy sein
selbst auferlegtes Schweigen durchgehalten. Nun ist Frankreichs
Ex-Präsident mitten im Sommerloch aus der Versenkung gekommen und hat
die Urlaubsruhe seines sozialistischen Nachfolgers François Hollande
ausgerechnet mit Kritik an seiner Syrien-Politik gestört. Und dies,
wo er nach seiner Abwahl im Mai doch groß angekündigt hatte, sich aus
dem politischen Tagesgeschäft zurückziehen zu wollen. Die Empörung in
Frankreich an dem ungebetenen Vorstoß ist groß – zu Recht. Dass ein
Präsident im Ruhestand einen amtierenden Staatschef kritisiert, ist
in Frankreich nicht nur unüblich. Sarkozys Stellungnahme ist umso
ungewöhnlicher, als sie ein so heikles Thema wie Syrien betrifft und
die Bemühungen der französischen Diplomatie konterkariert. Wenn
Sarkozy „ein schnelles Eingreifen der internationalen
Staatengemeinschaft“ fordert, rügt er nicht nur die festgefahrene
Situation in Syrien, sondern auch indirekt die vorsichtige Haltung
seines Nachfolgers, der sich bisher wenig zu den Massakern im Land
geäußert hat. Zwar fordert Sarkozy nicht explizit eine Militäraktion,
doch sein Vergleich mit der Krise in Libyen zu der er „große
Ähnlichkeiten“ sieht, deutet darauf hin, dass er eine solche Aktion
für sinnvoll hält – ähnlich derer, die er damals gegen den ehemaligen
libyschen Machthaber Gaddafi vorangetrieben hatte. Ein Wink, dass er,
Sarkozy, damals gehandelt habe, während sein Nachfolger, Hollande,
jetzt nur zuschaue. Und doch erstaunt der Vorstoß, da auch die
meisten Experten die Situation für eben nicht vergleichbar halten.
Schon allein aus geostrategischen Gründen. Ein militärisches
Eingreifen wäre zudem nur mit UN-Mandat möglich. Dem widersetzen sich
aber China und Russland. Während Sarkozy im Libyen-Konflikt davon
profitierte, dass sich die beiden Veto-Mächte im Sicherheitsrat der
Stimme enthielten, haben diese bisher jegliche Resolution gegen das
Assad-Regime verhindert. Damit bliebe nur ein militärischer
Alleingang nach dem Vorbild von George Bush im Irak. Doch dies kann
wirklich niemand wollen. Auch Sarkozy nicht. Bleibt also zu vermuten,
dass der unfreiwillig in den Ruhestand geschickte Ex-Präsident die
Sommer-Polemik allein deshalb vom Zaun gebrochen hat, um nicht selbst
in Vergessenheit zu geraten.
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