Sie reden, mal wieder, aneinander vorbei. Ob
schwule und lesbische Paare die gleichen Steuervorteile haben sollen
wie ein Ehepaar – darüber lässt sich durchaus kontrovers diskutieren.
Politisch brisanter allerdings ist eine ganz andere Frage: Hat das
gute alte Ehegattensplitting nach mehr als 50 Jahren überhaupt noch
eine Zukunft? Der Streit, in den Union und FDP sich verbissen haben,
ist typisch für die Koalition. Für den Lohn kurzzeitiger
Aufmerksamkeit haben ein gutes Dutzend CDU-Abgeordneter und die halbe
FDP eine Diskussion losgetreten, die auch denen nichts nutzen wird,
in deren Interesse sie angeblich geführt wird – den homosexuellen
Paaren. Die Evaluation aller familienpolitischen Leistungen, von
Ministerin Kristina Schröder für das nächste Jahr versprochen, wird
ja vor allem eines zeigen: Das Ehegattensplitting, dessen Fundament
die klassische Alleinverdienerfamilie ist, erfüllt seinen Zweck schon
lange nicht mehr, nämlich Familien mit Kindern zu stärken. Eine
Koalition, die ihren Arbeitsauftrag noch ernst nimmt, führt deshalb
keine verkorkste Gleichberechtigungsdebatte, sondern sucht nach
Alternativen zum Splitting. Oder ist sie dazu schon nicht mehr in der
Lage? Dass der erste FDP-Vorständler schon damit droht, das
Betreuungsgeld im Bundestag abzulehnen, wenn die CSU sich den
liberalen Splittingplänen widersetzt, spricht Bände. Ein Jahr vor der
Bundestagswahl arbeiten Union und FDP offenbar schon auf eigene
Rechnung. Die Christsozialen haben einen Ruf als letzte Bastion der
Konservativen zu verteidigen und sperren sich schon deshalb gegen
eine Gleichstellung von homo- und heterosexuellen Paaren im
Steuerrecht. Die FDP versucht genau mit dieser Gleichstellung ihr
liberales Profil zu schärfen – und die CDU steht, wie so oft,
unentschlossen dazwischen. Mit dieser Politik der permanenten
Selbstbeschäftigung wird es das Ehegattensplitting auch in 50 Jahren
noch geben.
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