Badische Neueste Nachrichten: Untreuer Partner

Die FDP spielt mit dem Feuer. So tief die
Abneigung gegen das geplante Betreuungsgeld bei den Liberalen auch
sitzt: Wer, wie sie, einen bereits getroffenen Kompromiss ohne Not
wieder zur Disposition stellt, muss sich irgendwann auch nach seiner
Bündnistreue fragen lassen. Union und FDP haben das Betreuungsgeld
durch den Koalitionsvertrag zu ihrem gemeinsamen Projekt gemacht und
diese Übereinkunft vor kurzem sogar noch einmal bekräftigt.
Parteichef Philipp Rösler allerdings tut nun so, als ginge ihn das
alles nichts mehr an – und stiehlt sich nach dem Eklat im Bundestag
kurzerhand aus der Verantwortung. Eine Koalition funktioniert nur,
wenn alle Partner auch zu dem stehen, was sie vereinbart haben. So
hat die CDU zu Beginn der Legislaturperiode das umstrittene
Steuerprivileg für die Hotellerie klaglos akzeptiert, das vor allem
auf Betreiben der FDP und der CSU eingeführt wurde. Und so fordern
CSU-Chef Horst Seehofer und Familienministerin Kristina Schröder nun
mit dem gleichen Recht von den Liberalen Vertragstreue. Um die Vor-
und Nachteile des Betreuungsgeldes geht es in diesem Konflikt ohnehin
nur am Rande. Es geht, vielmehr, um die Arbeitsfähigkeit von
Schwarz-Gelb. Ein Regierungsbündnis, in dem Abmachungen nicht mehr
gelten und ein Partner schon 15 Monate vor der Bundestagswahl mit dem
Wahlkampf beginnt, kann das Regieren auch gleich sein lassen. Nichts
anderes nämlich ist Philipp Röslers Versuch, das Betreuungsgeld noch
einmal zu überarbeiten und es womöglich nicht in bar, sondern in Form
von Gutscheinen auszuzahlen – ein durchsichtiges Wahlkampfmanöver.
Wohlfeil surft der FDP-Chef auf einer Woge des Mainstreams, die so
tut, als könnten sich Kleinkinder nur im Kindergarten oder in der
Krippe richtig entwickeln. Dabei sprechen die tatsächlichen Zahlen
eine andere Sprache: 39 Prozent der betroffenen Eltern wollen nach
einer Umfrage des Deutschen Familieninstitutes für ihre Kinder schon
möglichst früh einen Platz in einer Krippe. Umgekehrt aber heißt das
auch: 61 Prozent wollen das nicht.

Pressekontakt:
Badische Neueste Nachrichten
Klaus Gaßner
Telefon: +49 (0721) 789-0
redaktion.leitung@bnn.de