Rechtzeitig vor der Landtagswahl in
Nordrhein-Westfalen schlagen die Städte an Rhein und Ruhr Alarm: Es
müsse Schluss sein mit dem Solidarpakt und mit den Zahlungen Richtung
Ostdeutschland. Schon seit Jahren herrscht in den Kassen der
Stadtkämmerer im bevölkerungsreichsten Bundesland Ebbe. Schwimmbäder,
Bibliotheken und Theater mussten schließen, weil das Geld fehlte.
Währenddessen profitierten die Kommunen in den nicht mehr ganz so
„Neuen Bundesländern“ von den Solidarleistungen aus dem Westen.
Leipzig ist inzwischen schuldenfrei, während sich beispielsweise
Oberhausen von einer Krisensitzung zur nächsten hangelt. Mit der
Erhöhung der Gewerbesteuer versuchen Oberbürgermeister und
Gemeinderat gegen die Pleite anzukämpfen, doch mit geringem Erfolg.
Immer mehr Firmen kehren der einstigen Stadt der Fördertürme den
Rücken und siedeln sich lieber in Regionen mit niedrigeren
Steuersätzen an. Anstatt der erhofften Mehreinnahmen fließt unter dem
Strich noch weniger Geld in die Stadt-Schatulle. Mehr als zwei
Jahrzehnte nach der deutschen Einheit ist es an der Zeit, über den
Solidarpakt neu nachzudenken. Inzwischen gibt es im Westen genug
Städte, die genauso Hilfe brauchen wie Kommunen im Osten.
Sanierungsbedarf gibt es allerorten, nicht nur rund um Chemnitz oder
Halle. Fördergelder nach der geografischen Ausrichtung müssen der
Vergangenheit angehören. Künftig muss es nach dem jeweiligen Bedarf
gehen und nicht nach Ost-West-Kriterien. Die Zeit bis zum Jahr 2019
ist zu lang. Erst dann will der Bund über den Solidarpakt neu
verhandeln. Das Wasser steht den Gemeinden aber jetzt schon bis zum
Hals. Gewiss, Essen und die Städte im Ruhrgebiet, hätten in guten
Zeiten besser vorsorgen sollen, dann müssten sie jetzt nicht so
lautstark nach Hilfe rufen. Der Blick zurück führt aber angesichts
der gravierenden Probleme nicht weiter. Es gibt akuten
Gesprächsbedarf – und dies nicht erst in ein paar Jahren.
Baden-Württemberg und Bayern sägen schon lange am
Länderfinanzausgleich. Immer weniger Bundesländer finanzieren dabei
immer mehr Kostgänger. Wer solide wirtschaftet, wird am Ende
bestraft. Wer das Geld mit vollen Händen hinauswirft, der steht am
Ende mit prallen Taschen da. Die Ausgeglichenheit der
Lebensverhältnisse, wie sie das Grundgesetz postuliert, ist ein
hehres Ziel. Aber Leistung muss sich trotzdem weiter lohnen. Berlin
wirbt mit dem Slogan „arm, aber sexy“. Bezahlen dürfen andere. Die
sind dann zwar nicht sexy, aber arm dran. Der Kompass darf kein
Maßstab zur Geldverteilung sein – sondern die objektive
Bedürftigkeit.
Pressekontakt:
Badische Neueste Nachrichten
Klaus Gaßner
Telefon: +49 (0721) 789-0
redaktion.leitung@bnn.de