Er hat es getan: Der neue Chef des
Hauptstadtflughafens BER, Hartmut Mehdorn, hat sich gleich am ersten
Arbeitstag in seiner neuen Funktion Freunde und Feinde gemacht.
Mehdorn erklärte nämlich im Sonderausschuss des brandenburgischen
Landtags zum BER-Debakel, dass man über die Schließung des Flughafens
Tegel nachdenken müsse. Charterflüge von Tegel aus, so der 70-Jährige
am Montag, was sei denn so schlimm daran? Und nachts würden die auch
nicht fliegen, sagte Mehdorn. Was für ein Arbeitsbeginn.
Mehdorn, der bis vor Kurzem Chef der Fluglinie Air Berlin war,
kennt sich an den Berliner Flughäfen Tegel und Schönefeld (alt) gut
aus. Er hat also nicht einfach so dahergequatscht, sondern diese
Kursänderung ganz bewusst vollzogen. Das sieht man auch an seiner
Antwort, als die überraschten Abgeordneten zu Tegel nachfragten:
„Schlauer werden ist ja nicht verboten“, meinte Mehdorn
selbstbewusst. Vielen Berlinern spricht er damit aus der Seele, denn
der übersichtliche, gut zu erreichende Flughafen in Tegel ist
beliebt. Kurze Wege vom Auto, Bus oder Taxi zum Check-in, zum Gate
und Flugzeug selbst. Verlaufen kann man sich in Tegel auch nicht.
Außerdem ist der Airport für viele Berliner sehr viel rascher zu
erreichen als der künftige Hauptstadtflughafen BER im Süden Berlins.
In den vergangenen Monaten, als die Inbetriebnahme des BER immer
wieder verschoben werden musste, hat sich die Zahl der Tegel-Fans
noch deutlich erhöht. Dort funktioniert ja alles, trotz der großen
Zahl der Passagiere, trotz des Gedränges.
Für die Flughafengesellschaft jedoch bedeutet die Mehdorn-Äußerung
die nächste Belastungsprobe. Denn der neue Airport-Chef hat mit
seinem Wunsch, Tegel offen zu halten, en passant die
Geschäftsvereinbarung für den BER infrage gestellt. Nach dem
Planfeststellungsbeschluss muss Tegel ein halbes Jahr nach der
Inbetriebnahme des BER vom Netz gehen, so ist es fixiert und
gerichtlich bestätigt worden. So sehen es auch die Gesellschafter
Berlin, Brandenburg und der Bund. Sie haben kein Interesse daran, den
Streit über Tempelhof jetzt in Tegel zu wiederholen. Die Schlacht um
das Offenhalten des innerstädtischen Airports in Tempelhof hat vor
fünf, sechs Jahren viele Wunden geschlagen, das ist noch nicht
vergessen.
Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), der auch
Aufsichtsratsvorsitzender der Flughafengesellschaft ist, ist Mehdorn
offenbar ein Vorbild. Denn Platzeck stellte vor zwei Wochen selbst
die Vereinbarungen zum BER infrage, indem er sich für ein längeres
Nachtflugverbot aussprach – gegen den Willen von Berlin und Bund. In
diesem Punkt widersprach Mehdorn Platzeck am Montag zwar öffentlich.
Doch angesichts des Streits über das Nachtflugverbot, angesichts
Mehdorns Tegel-Wünschen stellt sich schon an dessen ersten Arbeitstag
die Frage: Weiß Platzeck eigentlich, wen er da geholt hat? Haben die
beiden überhaupt mal über die Grundlagen des BER gesprochen? Mehr
noch: Wer hat eigentlich das Sagen am BER? Für öffentliche
Machtspiele und plötzliche Kurswechsel ist die Lage am BER viel zu
ernst.
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