Bundesbeamtenbesoldung: de Maizière nimmt Gesetzgebung vorweg

Zum gestrigen Schreiben von Bundesminister de Maizière an die Beschaeftigen des Bundesministeriums des Innern erklaert der stellvertretende innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Michael Hartmann:

Dass Beschluesse der Bundesregierung voreilig als Entscheidungen des Gesetzgebers missdeutet werden, kennt man aus Medien, die nicht eben zum Qualitaetsjournalismus gerechnet werden. Wenn derartiges vom Bundesminister des Innern, also dem Verfassungsminister, zu vernehmen ist, wird man sich darueber aber doch noch wundern duerfen. So ist es jetzt geschehen bei der Bundesbeamtenbesoldung.

Mit Schreiben vom 6. Juli 2010 teilt Bundesminister de Maizière seinen Bediensteten mit: „Das Dienstrechtsneuordnungsgesetz vom Februar 2009 hatte vorgesehen, zum Januar 2011 einen Teil des frueheren Weihnachtsgeldes in das Grundgehalt der Bundesbeamten zu integrieren. Dies wird bis auf weiteres ausbleiben,…“
Festzuhalten bleibt: Weder Bundestag noch Bundesrat haben bis jetzt eine Gesetzesaenderung beschlossen. Der Regierungsentwurf eines Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetzes
2010/2011 schlaegt solches auch nicht vor. Zwar haben die Koalitionsfraktionen einen entsprechenden Aenderungsantrag in letzter Minute zur Innenausschusssitzung am 16. Juni eingebracht, in derselben Sitzung aber muendlich gerade in diesem Punkt wieder zurueckgenommen. Der in der Sitzung anwesende Bundesminister de Maizière schloss sich diesem Vorgehen ausdruecklich an. Deshalb veranlassten die Koalitionsfraktionen fuer den 30. Juni 2010 eine kurze Sitzung des Innenausschusses, die sonst wegen der Bundespraesidentenwahl nicht stattgefunden haette. In dieser Sitzung sollte der Gesetzentwurf ohne eine Aenderung bei der Sonderzahlung
(„Weihnachtsgeld“) beschlossen werden. Kurz vor der Sitzung hatten es sich die Koalitionsfraktionen wieder anders ueberlegt:
Die Sitzung sollte ausfallen, hilfsweise der Tagesordnungspunkt Bundesbeamtenbesoldung abgesetzt werden. Die Sitzung konnten die Koalitionaere nicht verhindern, aber mit ihrer Mehrheit eine Entscheidung in der Sache. Hoechst merkwuerdig, denn alle Aenderungsantraege lagen vor. Noch nicht einmal eine Anhoerung wurde beschlossen. Das blieb der heutigen Innenausschusssitzung vorbehalten. Den Verfassungsminister in seinem eigenartigen Verstaendnis von Parlamentarismus und Grundgesetz interessiert die Anhoerung offensichtlich ohnehin nicht. Er weiss offenbar schon, wie er die Koalitionsfraktionen auf Linie bringt.

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