Der Chef der Hessischen Staatskanzlei, Staatsminister Axel Wintermeyer, hat heute das Antwortschreiben auf die Anfrage des Parlamentarischen Geschäftsführers der SPD, Günter Rudolph, vom 6. Oktober beantwortet. Da die Anfrage öffentlich gemacht wurde, wird auch das Schreiben von Staatsminister Wintermeyer der Öffentlichkeit übermittelt:
Sehr geehrter Herr Abgeordneter Rudolph,
Anlass meines Schreibens ist Ihr Schreiben vom 06.10.2010. Hierzu möchte ich vorab zum Ausdruck bringen, dass mich das Schreiben in Form und Inhalt irritiert und ich mich gegen die selbst in einer deutlichen politischen Auseinandersetzung absolut überzogenen Vorwürfe ausdrücklich verwahre. Ich stelle klar: Nicht nur in Hessen, sondern für alle anderen Landesregierungen und die Bundesregierung gehört es zum für die Regierungsarbeit unerlässlichen und daher geschützten Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung, dass zur Vorbereitung von Regierungsentscheidungen Umfragen zu aktuell politisch relevanten Themen erhoben werden, die zur internen Meinungs- und Willensbildung der Regierungen beitragen. Die seit dem Regierungswechsel in 1999 von der Hessischen Landesregierung in Auftrag gegebenen Umfragen wurden zu keinem Zeitpunkt an Dritte zur Kenntnis gegeben. Sie dienten und dienen alleine der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen. Soweit im Zusammenhang mit den Umfragen Parteipräferenzen abgefragt wurden, war dieses immer erforderlich, um eine Einschätzung der Bewertung der Arbeit der Landesregierung durch die Bevölkerung unter dem Blickwinkel der konkreten Sachthemen vornehmen zu können.
Im Interesse einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Landesregierung und Landtag habe ich mich entschlossen, Ihnen im Hinblick auf das Schreiben vom 06.10.2010 und zur Vermeidung von Missverständnissen für die Zukunft mitzuteilen, dass sich die damalige neue Hessische Landesregierung 1999 gegen eine weitere Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut Polis (Hessenmonitor) entschlossen hat und zu der Überzeugung gelangt ist, dass weniger kostenintensive Umfragen als in der Zeit vor 1999 der Landesregierung zur Meinungsbildung im Kernbereich ihrer exekutiven Eigenverantwortung ausreichend erscheinen. Die Hessische Landesregierung arbeitet seit 1999 mit dem Institut dimap zusammen.
Die in der Regel quartalsmäßig durchgeführten Befragungen beliefen sich ? nach Maßgabe Ihrer Fragestellung – auf eine Gesamtsumme von 92.196,80 EUR im Jahr 2005, 69.147,60 EUR im Jahr 2006, jeweils 94.581, 20 EUR in den Jahren 2007 und 2008, 73.232,60 EUR im Jahr 2009 und bisher 77.826,00 EUR im Jahr 2010. Weiterhin wurde in diesem Zeitraum eine Umfrage durch das Institut Allensbach mit Kosten i. H. v. 62.832,00 durchgeführt. Die Ausgaben werden regelmäßig aus dem Haushaltstitel 531 („zur Verfügung des Ministerpräsidenten für Zwecke des Informationswesens“) entnommen. Sämtliche durch die Landesregierung im angefragten Zeitraum in Auftrag gegebenen Umfragen wurden durch den Hessischen Rechnungshof beanstandungsfrei geprüft. Wie Sie aus eigener Erfahrung als Parlamentarischer Geschäftsführer wissen, unterliegen bestimmte Haushaltstitel dem alleinigen Prüfungsrecht des Präsidenten des Hessischen Rechnungshofes. Hier ist die jahrzehntelange Staatspraxis für die Fraktionen die gleiche wie für die Landesregierung.
Seien Sie versichert, dass die Landesregierung den verfassungsrechtlich geschützten Bereich der internen Meinungsfindung von Fraktionen achtet. Wir gehen aber umgekehrt auch davon aus, dass seitens der Fraktionen und insbesondere der SPD-Fraktion diese verfassungsmäßig gewährten Rechte der Landesregierung nicht weiter in Zweifel gezogen werden.
Hinsichtlich der von der Landesregierung in Auftrag gegebenen Themenbereiche handelt es sich um solche Politikbereiche, die für die Meinungsbildung der Landesregierung von Bedeutung waren und sind. Im Einzelnen wurde hier im jeweiligen zeitlichen Kontext gefragt nach den Themen:
Bewertung der Politik der Landesregierung und des Ministerpräsidenten auch im Verhältnis zur Politik der jeweiligen Bundesregierung und anderer Länder
Wirtschaftliche Lage und Arbeitsmarkt in Hessen
Lebensqualität in Hessen Sparkassen
Ausbau des Flughafens Frankfurt am Main und Nachtflugverbot
Großprojekte und Umweltschutz Energiepolitik/Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke
Bildungspolitik (Schulen und Universitäten)
Finanzierung von Kindergärten
Einkommensentwicklung im öffentlichen Dienst
Zukunft der Universitätskliniken Gießen/Marburg
Nichtraucherschutz
Finanzkrise, Staatshilfen und Schuldenverbot
Privatisierung
Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften Partnerschaften
Ehrenamtliches Engagement
Sicherlich werden Sie nachvollziehen können, dass durch die Mitteilung der konkreten Fragenkataloge und der gegebenen Antworten eine eingehende Vorwirkung auf die selbstständige Meinungsbildung und Funktionsausübung der Regierung vorgenommen würde. Daher können weitergehende Auskünfte nicht erteilt werden. Die Fragenkataloge beinhalten eine fortdauernde Systematik und werden auch bei künftigen Befragungen für die interne Meinungsbildung der Landesregierung von Bedeutung sein. Ebenso werden Sie anhand der mitgeteilten Themen die Einschätzung teilen, dass diese durchweg nach wie vor auf der aktuellen tagespolitischen Agenda stehen, so dass nach wie vor auch die Ergebnisse der zurückliegenden Umfragen von hoher Bedeutung für anstehende Regierungsentscheidungen sind. Dieses gilt selbstverständlich auch für Themen und Fragen zukünftig geplanter Umfragen. Auch wird Ihnen in der Vergangenheit nicht entgangen sein, dass weder vor 1999 noch nach 1999 Meinungsumfragen im Auftrag einer Hessischen Landesregierung öffentlich gemacht wurden. Die Landesregierung hat nicht die Absicht, von dieser jahrzehntelangen Praxis abzuweichen. Aufgrund des von Seiten Ihrer Fraktion gewählten Verfahrens erlaube ich mir ebenfalls, dieses Schreiben der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Mit freundlichen Grüßen
Axel Wintermeyer
Kontakt: silvia.saemann@stk.hessen.de