SPD-Chef Sigmar Gabriel hat Bundeskanzlerin Angela
Merkel (CDU) vorgeworfen, mit einer „völlig verfehlten
Europa-Politik“ den Interessen Deutschlands zu schaden. Wie bereits
bei der Griechenlandkrise führe „Merkels Zaudern und Zögern“ zu immer
höheren Zinsen an den Finanzmärkten, sagte Gabriel dem Tagesspiegel
(Samstagausgabe). Das treffe auch Deutschland, denn die
Verunsicherung der europäischen Finanzmärkte sei inzwischen so stark,
dass die Bundesrepublik deutlich höhere Zinsen zahlen müsse. „Europa
ist führungslos, und Angela Merkel verspielt das Erbe von Helmut
Schmidt bis Helmut Kohl“, kritisierte der SPD-Chef. „Statt endlich
den Geburtsfehler des Euro zu beseitigen und zu einer gemeinsamen
Währung auch eine gemeinsame Finanz- und Wirtschaftspolitik
hinzuzufügen, betreibt die Regierung eine Politik der
Renationalisierung der EU.“
Die Anleger auf den Finanzmärkten trauten inzwischen nicht einmal
mehr dem gemeinsamen Rettungsschirm, weil die Risiken der
Bankbilanzen nach wie vor unbekannt seien. Der im Frühjahr
durchgeführte Stresstest für die europäischen Banken sei
offensichtlich „Lug und Trug“ gewesen, sagte Gabriel. Merkel setze
mit ihrem Blick auf die Staatsverschuldung der Länder am falschen
Ende an, denn Irland, Portugal und Spanien hätten anders als
Griechenland weniger Schulden als Deutschland gehabt. „Sie geraten
jetzt in Finanzprobleme, weil ihre Banken marode sind. Und solange
diese Banken nicht dazu gezwungen werden, ihre Karten auf den Tisch
zu legen, taumelt Europa von Krise zu Krise.“
Merkel müsse ihren Kurs ändern, verlangte Gabriel. Deutschland
werde sonst zum großen Verlierer der Eurokrise, denn „Millionen von
Arbeitsplätzen hängen bei uns davon ab, dass wir unsere Güter nach
Europa verkaufen können“. Der Zusammenbruch des Euro sei für die
Arbeitsplätze in Deutschland die größte Gefahr. „Es gibt nur noch
saure Äpfel in Europa, in einen werden wir beißen müssen. Es gibt
keinen Königsweg mit nur einem Instrument. Wer Europa und damit auch
Deutschland wirklich helfen will, der muss zum Beispiel auch die
Vorschläge für eine gemeinsame europäische Absicherung mit einer
Offenlegung der Bankbilanzen und einer gemeinsamen Finanz- und
Steuerpolitik verbinden.“
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