Die Anerkennung Palästinas als Staat ist ein weitgehender, verständlicher Schritt. Moralisch erscheint dieser sogar geboten. Politisch aber ist er ausgesprochen heikel. Der blutige Angriff der Hamas auf Israel ist nun bald acht Monate her. Seitdem hat Israel den Gazastreifen in Grund und Boden bombardiert. Und auch wenn die Aggressoren mit den radikalen Islamisten eindeutig zu benennen sind und Israel natürlich das Recht hat, sich zu verteidigen, so klar ist doch auch: Mit unerbittlicher Rachsucht wird sich dieser Konflikt niemals beilegen lassen. So sind die Initiativen von Irland, Norwegen und Spanien ein deutlicher Appell, nach Wegen zu suchen, die aus der Gewaltspirale herausführen. Sie beschreiben im Allgemeinen auch nicht mehr als das, was sich Palästinenser und Israelis schon vor mehr als 30 Jahren, gipfelnd im Abkommen von Oslo, gemeinsam vorgenommen haben. Nämlich Frieden zu schaffen. Und zwei Staaten, die nebeneinander und miteinander existieren. Dennoch ist der Zeitpunkt sehr schwierig. Die Grenzen eines Palästinenserstaates sind unklar. Und das politische System dieses Gebildes ist mit der Formulierung heilloses Durcheinander noch wohlwollend umschrieben. Das Gefährlichste aber ist: Die Islamisten werden eine Anerkennung Palästinas als Bestätigung ihres Vorgehens begreifen – und auch als solches politisch zu vermarkten versuchen. Was also werden Irland, Norwegen und Spanien tun, wenn die Hamas, dadurch gestärkt, aus künftigen Wahlen in Gaza und im Westjordanland als klarer Sieger hervorgeht? Derzeit mag man sich ja noch vorstellen können, einen gemäßigten Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas als Staatsgast zu empfangen. Doch wie anders wird das sein bei einem Führer der Hamas – einer Bande von Schergen, die völlig zu Recht auf der EU-Liste der Terrororganisationen steht.
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