Was die CDU da am Dienstag auf ihrem Bundesparteitag in Berlin beschlossen hat, ist ein in seiner Klarheit erstaunlicher Schritt, dem noch Debatten folgen dürften: Die größte Volkspartei der Bundesrepublik will in abgewandelter Form das rückgängig machen, was einst der Verteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg (CSU) qua Amt und ob fehlender Gegner innerhalb von sechs Monaten zu Grabe getragen hatte: Die Konservativen wollen schrittweise zurück zu einer neuen Wehrpflicht. Die muss als Teil eines größeren Plans auch für Anti-Militaristen gar nicht unattraktiv sein: Angestrebt ist nämlich ein verpflichtendes „Gesellschaftsjahr“, das vergleichbar mit dem damaligen Zivildienst etwa in sozialen Einrichtungen abgeleistet werden kann – oder eben in der Bundeswehr. Interessant, dass das neue Modell auf die Junge Union zurückzuführen ist: als konservative Sicht auf Landesverteidigung, die Beteiligung eben junger Menschen und entsprechend bewusste Verantwortung in Gemeinschaft in der eigenen Generation einfordert. Und dabei auch persönliche Freiheit zugunsten des Ganzen aufgibt. Letzteres ist der Grund etwa, warum die FDP anders als jetzt die CDU diese Idee bislang ablehnt. / Aber: Erst einmal bleibt es eine Idee, deren Voraussetzungen einst mit dem Abbau der Infrastruktur ab 2010/2011 vernichtet wurden. Kreiswehrersatzämter, Kasernen, Kameraden – alles weg. Es wird viel Geld kosten, Teile davon zu reorganisieren und modernere Strukturen aufzubauen. Aber trotzdem ist es eine gute Idee: Notwendig, weil es gesellschaftlich wie inhaltlich anerkennt, dass sich die Bedrohungsszenarien vor allem durch Putins Krieg in der Ukraine elementar verändert haben. Zumal die USA ob mit oder ohne Trump von ihrer Rolle als Weltschutzmacht künftig weniger Gebrauch machen werden. Und: Der Gesellschaftsdienst kann in einer auseinanderdriftenden Gesellschaft mit mehr Egoismus, nicht mehr verhandelten Unterschieden und multikultureller Distanz ein wichtiges, verbindendes Element sein. Eines, das die Bedeutung von Zusammensein stärkt. Eine lohnende Perspektive.
Original-Content von: Westdeutsche Zeitung, übermittelt durch news aktuell
Weitere Artikel zum Thema:
Westdeutsche Zeitung: Olympia – Fehler in Vielzahl
Ein Kommentar von Olaf KupferBeim Weitsprung sitzen Rentner, die weiße und rote Fahnen (gültig oder ungültig) verwechseln. Im Turnen entscheiden Kampfrichter mit offensichtlichen Fehlentscheidungen über die Medaillenvergabe. Beim Fechten darf jeder mitreden, wenn eine Sekunde bis zur Ewigkeit ausgereizt wird. Die Vielzahl von dubiosen Entscheidungen bei diesen Olympischen Spielen fällt ins Auge. Lilli Schwarzkopfs Silber nach zähen Verhandlungen und einer katastrophalen Fehlentscheidung se...
Westdeutsche Zeitung: Ein Plädoyer für das Ende der Debatte um Christian Wulff – Häme und Hass haben keinen Wert
Ein Kommentar von Olaf KupferEin Forschungsergebnis besagt, dass Weltereignisse, selbst vom Ausmaß einer Atom-Katastrophe wie jener von Fukushima, nach zwei Wochen aus dem öffentlichen Interesse verschwinden. Über Christian Wulff und seine Affäre(n) diskutiert, streitet und - bisweilen hat man den Eindruck - bereichert sich Deutschland bereits seit dem 12. Dezember des vergangenen Jahres, also seit beinahe drei Monaten. Wulffs Rücktritt und wohl auch die Inthronisation seines Nachfolgers &uu...
Westdeutsche Zeitung: Nationales Konzept für Sport und Sicherheit – Beid Seiten haben viel an sich zu arbeiten
Ein Kommentar von Olaf KupferDer Fußball hat sich weit von einer Vergangenheit entfernt, die von vielen Anhängern glorifiziert wird. In dieser Vergangenheit galt das Abbrennen von Bengalos als kaum verfolgte, südländisch anmutende Begeisterung, stand das Spiel noch im Mittelpunkt, war ein Spieltag nicht in fünf Termine zersplittert. Zwischen jenen Anhängern und dem Spiel blieb nicht viel Raum. Inzwischen trennen beide Welten. Dass der DFB und vor allem die DFL Fußball in zunehmend...
Westdeutsche Zeitung: Nach dem Bürgerentscheid gegen München 2022 =
von Olaf KupferAm Ende hat die vermeintliche Olympia-Bewerbung Münchens für die Olympischen Spiele 2022 doch noch höhere Wellen geschlagen, als es ihr vor dem Bürgerentscheid gelungen ist. Tragisch: Für erhöhte Aufmerksamkeit und den längst fälligen nationalen Austausch der Argumente musste sie erst scheitern. Es gilt: Ist das Kind erst in den Brunnen gefallen, ist das Geschrei groß. Weil plötzlich die Angst umzugehen scheint, dass von München Signa...