Berlins Kultur-Staatssekretär, Dr. André Schmitz, würdigte in seiner Festrede den Zeitzeugenpreis Berlin-Brandenburg als eine kulturelle Institution in der Region, die ihm sowohl in seiner beruflichen Funktion als auch persönlich besonders am Herzen liege. Der Wettbewerb trage dazu bei, sagte Schmitz, dass die so wichtige Erinnerung an gelebte Geschichte bewahrt würde. Dieses Engagement müsse man auch künftig unterstützen.
Der Verleger Dr. Johann-Friedrich Huffmann, Initiator des Zeitzeugenpreises Berlin-Brandenburg, freute sich über das zunehmende Interesse jüngerer Generationen an dem Schreibwettbewerb. Der Leitspruch, „Zukunft braucht Wurzeln“, mache deutlich, dass ohne den bewussten Umgang mit der Vergangenheit Zukunft nicht erfolgreich gestaltet werden könne.
In den auf die Preisverleihung folgenden Lesungen stellten die drei Preisträger Auszüge aus ihren Beiträgen vor.
Im Mittelpunkt des Siegerbeitrages von Krysia Sar steht Leonard, der vor dem Antisemitismus in Moskau geflohen war und sich vor langer Zeit in West-Berlin ein kleines Unternehmen aufgebaut hatte, in dem Eva arbeitet. Leonard ist „eine russische Seele im Exil“ schreibt Krysia Sar; geflüchtet nach West-Berlin: Wie sehr er an seiner Wahlheimat hängt, wird beim Marokko-Urlaub mit Eva deutlich, den Leonard vor lauter Sehnsucht nach Berlin nicht genießen kann. „Überall auf der Welt ist es schön, aber am schönsten ist es zuhause.“ In Berlin? „Ja, irgendwie. Hier lebe ich, aber ich gehöre nicht dazu. Diese verdammte Sehnsucht nach dem dazugehören, die verfolgt doch einen Menschen sein Leben lang.“
Den zweiten Platz beim Zeitzeugenpreis Berlin-Brandenburg belegt Klaus J. Rothbarth, einer der wenigen Autoren, die sich am Schreibwettbewerb beteiligt haben. Denn diesmal, auch das ist ungewöhnlich, haben doppelt so viele Frauen wie Männer Beiträge eingereicht.
Rothbarth schreibt über „Brückenbeziehungen“, die der West-Berliner bei seinen Begegnungen mit den Brandenburgern in Potsdam nach der Wende erlebt hat. Regelmäßig ging der kunstinteressierte Hauptstädter über die Glienicker Brücke, tauchte in die ostdeutsche Kunstszene ein und fand viele neue Freunde – von Malern über Kabarettisten bis zu Musikern. Es ist eine gefühlvolle Geschichte, in der Rothbarth auch seine Sehnsucht gesteht, Brandenburger sein zu wollen.
Den dritten Platz errang Astrid Schnipkoweit, die ursprünglich aus Nicaragua stammt. Sie nennt ihren Beitrag „ein kleines Protokoll einer Existenz in einer Stadt, die alles noch kleiner werden lässt“, und schreibt über Begegnungen wie der mit der Bäckersfrau, von der sie „ohne Vorwarnung mit dem Wetterbericht, Lokalnachrichten und anderen öffentlichen wie privaten Angelegenheiten“ überfallen wird. „Der effiziente deutsche Umgang mit der Zeit hat hier keine Bedeutung“, konstatiert die Autorin, die wegen ihres Studiums aus einer ostdeutschen Kleinstadt in den Kiez von Berlin-Moabit gezogen ist. Schnipkoweit fragt: „Wie viele Leute ziehen täglich nach Berlin um? Wie viel Hoffnung steckt in ihnen und wie viel Sehnsucht haben sie in ihren Kisten mitgebracht? Für wie viele ist das hier einen Neuanfang und für wie viele Endstation?“
Auf diese Fragen geben viele Beiträge beim Zeitzeugenpreis Berlin-Brandenburg 2011 spannende Antworten. Sie werden in einer Anthologie nachzulesen sein, die Siegerbeiträge und andere Arbeiten umfasst, und die in Kürze erscheint.
Weitere Informationen finden Sie im Internet unter www.zeitzeugenpreis.de.