Frankfurter Neue Presse: Opel: „Das Ende eines Missverständnisses“ Kommentar von Panagiotis Koutoumanos

Andere Autohersteller produzieren am
laufenden Band Wagen, Opel produziert am laufenden Band Krisen. Nun
also wieder eine Führungskrise. Angesichts der an Volten reichen
Trauergeschichte des Unternehmens, die von äußerst kurzen
Halbwertszeiten ihrer Sanierungspläne und Vorstandschefs geprägt ist,
sollte die gestrige Demission von Karl-Friedrich Stracke eigentlich
nicht überraschen – auch seinem Vorgänger Nick Reilly war keine
längere Amtszeit vergönnt. Aber dass Stracke das Steuer abgibt, nur
zwei Wochen nachdem der Aufsichtsrat seinen Sanierungsplan abgesegnet
hat, verwundert zunächst schon. Zumindest ist in der Zwischenzeit
nichts bekannt geworden, was den Führungswechsel erklären könnte.
Sicher, im Juni hat die Marke mit dem Blitz erneut Marktanteile in
Deutschland wie auch im europäischen Ausland eingebüßt. Aber dass der
Rüsselsheimer Autobauer plötzlich auf die Überholspur wechseln würde,
hat auch die Konzernmutter GM sicherlich nicht erwartet.

Was GM im Juni aber hätte erwarten können, wäre ein Sanierungsplan
gewesen, der diesen Namen verdient, weil er Maßnahmen skizziert, die
tatsächlich dazu angetan sind, das Hauptproblem des verlustreichen
Autobauers schnell zu lösen: die angesichts des darniederliegenden
europäischen Automarkts überdimensionierten Produktionskapazitäten.
Doch von Werksschließungen und Personalabbau war in Strackes
sogenanntem Sanierungsprogramm keine Rede. Stattdessen von Plänen,
die auch schon Reilly so oder so ähnlich formuliert hatte. So ist
anzunehmen, dass Reillys Schicksal spätestens da schon besiegelt war,
sein Programm nicht mehr das Papier wert ist, auf dem es geschrieben
steht.

Zuvor schon waren in Detroit Zweifel an der Durchsetzungsfähigkeit
des deutschen Ingenieurs deutlich geworden: Im Februar hatte GM ihm
den Sanierungsfachmann Thomas Sedran als neues Vorstandsmitglied zur
Seite gestellt; und an den Verhandlungen zwischen GM und Peugeot war
Stracke lange Zeit gar nicht beteiligt – die führte sein
Aufsichtsratschef Stephen Girsky, der nun den Vorstandsvorsitz
kommissarisch führt. Schon in den kommenden Tagen wolle Opel Strackes
Nachfolger präsentieren, heißt es. Ein weiteres Indiz dafür, dass die
Opel-Eigentümer schon seit längerem die Demission Strackes geplant
haben.

Am Ende scheint die Berufung Strackes an die Spitze des
Rüsselsheimer Unternehmens ein einziges Missverständnis gewesen zu
sein, mit dem GM nun aufräumt – in sehr defensiver Art, da es im
Grunde das Eingeständnisses eines Fehlers darstellt:
Fälschlicherweise dachten die ungeduldigen Amerikaner im April 2011
die Sanierung Opels sei im Grunde schon abgeschlossen, so dass sie
den Sanierer Reilly durch den Auto-Tüftler Stracke ersetzten.
Angesichts der sich rapide fortsetzenden Talfahrt des Autobauers eine
Fehlbesetzung, die jetzt ihr Ende findet.

Pressekontakt:
Frankfurter Neue Presse
Chef vom Dienst
Peter Schmitt
Telefon: 069-7501 4407