FZ: „Zwischen Herz und Verstand“ – Kommentar der „Fuldaer Zeitung“ (27.8.2013) zu Syrien

Die Bilder aus Syrien sind unerträglich – aber muss
der Westen deshalb in jedem Fall eingreifen? Das Herz sagt eindeutig
Ja. Ganz gleich, ob Giftgas eingesetzt wurde und wer dafür
verantwortlich ist: Jedenfalls muss das massenhafte Töten beendet
werden. Doch der Verstand ist vorsichtig: Wer interveniert, muss auch
ein Ziel, eine Strategie haben. Und daran hat es schon in
Afghanistan, im Irak und in Libyen gehapert. Mit Folgen, die für die
betroffenen Länder ebenso blutig und dramatisch waren, wie jetzt
schon der Bürgerkrieg für die Syrer ist. Und selbst das damals
scheinbar alternativlose Eingreifen der westlichen Alliierten im
Kosovo-Krieg, was jetzt gerne als „Blaupause“ für ein Eingreifen ohne
UN-Mandat herangezogen wird, hält bei näherer Betrachtung vielen
moralischen Erwägungen nicht stand und hat den Balkan-Konflikt
mitnichten dauerhaft gelöst. Dabei liegt der Fall in Syrien noch viel
komplizierter: Hier dauert das Morden jetzt schon mehr als zwei Jahre
– ohne dass der Westen ernsthaft Einhalt geboten hätte. Nur weil
offenbar Giftgas eingesetzt wurde, soll nun überstürzt eine
Anti-Assad-Koalition geschmiedet werden? Die bisherigen „Beweise“
für den Chemiewaffen-Einsatz und der „Krieg der Bilder“ mit toten
Kindern erinnern fatal an die Wochen vor dem Kuwait-Krieg und die
angeblichen Gräueltaten von Saddam-Soldaten in Krankenhäusern sowie
an Colin Powells legendär-peinliche Power-Point-Präsentation zu
irakischen Massenvernichtungswaffen. Viele von denen, die jetzt wie
die Außenminister in London und Paris lauthals eine Intervention
fordern, haben auch eigene Interessen. Man denke nur daran, wie gut
sich mit Bildern von – womöglich noch adeligen –
Royal-Airforce-Piloten im heldenhaften Kampfeinsatz von so lästigen
Dingen wie der Geheimdienstaffäre ablenken ließe. Berlin hat sich
bislang im Ton gemäßigt. Doch wird oft vergessen, dass deutsche
Soldaten schon seit Monaten an der türkisch-syrischen Grenzen stehen.
Im Ernstfall wird sich Deutschland daher kaum dem Bündnis entziehen
können. Umso wichtiger ist es, wirklich alle diplomatischen Mittel
auszuschöpfen.

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Fuldaer Zeitung
Johannes Heller
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