Der Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie ist ein hochemotionales Thema. Daher hätten die zuständigen Ministerien die Entscheidung, ob die verbleibenden deutschen Atommeiler wegen einer möglichen Gasknappheit infolge des Ukraine-Krieges zur Versorgungssicherheit 2023 für einige Monate hätten weiterbetrieben werden müssen, transparent und vor allem nach Faktenlage treffen müssen. Wir wissen nicht, was sich im Wirtschafts- und im Umweltministerium genau abgespielt hat, aber eines steht fest: Die Berichte über positive und mutmaßlich unterdrückte Expertisen von Fachleuten der grünen Ministerien zu einer Verlängerung der Meilerlaufzeiten nähren das, was den Grünen immer wieder vorgeworfen wird – in Energiefragen nicht rational, sondern ideologisch zu entscheiden. Die Entgegnungen des Wirtschaftsministeriums und dessen Chefs Robert Habeck wirken halbgar und schwach und können den Verdacht, dass hier manipuliert wurde, nicht entkräften. Habeck sagt, nicht die Meinungen einzelner Ministeriumsmitarbeiter seien entscheidend gewesen, sondern die Gespräche mit den Betreibern der Kraftwerke. Auch bleibt unklar, was mit der Expertise passiert ist. Sie soll zwar nicht bis zu Habeck gelangt, aber irgendwie dann doch in einen später veröffentlichten Prüfvermerk der Ministerien eingeflossen sein. Unabhängig von der Schuldfrage verfestigt sich ein Eindruck, der bereits beim Chaos um das Heizungsgesetz entstanden ist: Habeck führt sein Ministerium nicht, sondern stolpert durch das selbige. Zusätzlich zu den vielen Ampelstreitereien steckt Habeck erneut in einem handfesten Skandal. Und es stellt sich die Frage, ob es nicht ein Stolperer zu viel ist. Und er fällt.
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