Die meisten überregionalen Tageszeitungen finden
sich mit dem dramatischen Rückgang ihrer Verkäufe im Einzelhandel ab.
Die in Berlin erscheinende „junge Welt“ konnte Zuwächse verbuchen –
und will die nun mit einer aufwändigen Kampagne dynamisieren
Die Tageszeitung junge Welt bereitet zur Zeit die größte
Werbekampagne vor, die die Zeitung seit 1989 jemals gestartet hat.
Zwar ist die junge Welt mit einer verkauften Auflage von 18.000
Exemplaren die kleinste überregionale Tageszeitung in Deutschland,
sie ist aber auch die einzige, die in den letzten 10 Jahren ihre
verkaufte Auflage im Einzelhandel steigern konnte. Und das, obwohl
gleichzeitig auch in den Bereichen Print- und Onlineabonnements
Zuwächse erzielt wurden – eine atypische Entwicklung. Denn in den
letzten zehn Jahren ist die verkaufte Auflage im Print bei den
meisten überregionalen Tageszeitungen dramatisch eingebrochen – vor
allem im Einzelverkauf.
Während fast alle Verlage aus Kostengründen ihre Bemühungen um
Mehrverkäufe im Einzelverkauf zurückschrauben, drängt der Verlag 8.
Mai GmbH, in dem die junge Welt erscheint, mit einer Werbekampagne
auf den Markt, die vom 11. März bis zum 11. Mai 2013 dauern soll,
bundesweit angelegt ist, aber vor allem in der Startphase ihren
Schwerpunkt in ostdeutschen Städten setzt. Mit über 1000 Großplakaten
und A1-Plakaten ist man in Städten wie Berlin, Leipzig, Dresden,
Cottbus, Jena, Potsdam und Chemnitz präsent. Begleitet wird die
Aktion zudem mit Printanzeigen in über 30 zielgruppenspezifischen
Zeitschriften sowie regionalen und überregionalen Tages- und
Wochenzeitungen. Unterstützt wird die Kampagne durch eine Ansprache
der Online-Nutzer der jungen Welt und in anderen digitalen
Netzwerken: Onlineleser sollen angeregt werden, vor allem die
Wochenendausgabe und Ausgaben mit jW-Beilagen am Kiosk zu kaufen.
„Mit der Aktion will der Verlag auch dem Einzelhandel helfen, alte
Kundschaft zurück- und junge Kundschaft neu hinzuzugewinnen“, wie
Geschäftsführer Dietmar Koschmieder mitteilt.
Über den gesamten Zeitraum kommt es zu diversen
Promotioneinsätzen, hier werden vor allem Probeexemplare der jungen
Welt verteilt mit der Aufforderung, die Zeitung am Kiosk zu kaufen.
Höhepunkt dieser Bemühungen wird eine bundesweite Verteilaktion sein,
bei der im Rahmen von Veranstaltungen um den 1. Mai herum 100.000
Ausgaben der jungen Welt zielgruppengenau unter die Kundschaft
gebracht werden sollen. Dieser Ausgabe wird auf der Titelseite ein
Coupon aufgedruckt, mit dem im Einzelhandel eine weitere Ausgabe
eingelöst werden kann. Zeitlich etwas versetzt wird dann im Sommer
die Kampagne mit einem Ostseetörn abgeschlossen: Eine Woche lang wird
ein historischer Zweimaster mit jW-Werbung von Kiel bis Rostock
unterwegs sein, in den angesteuerten Städten begleitet durch
Promoaktionen und Plakatwerbung. Alle 4000 Einzelhändler, die die
junge Welt im Angebot führen, erhalten zudem ein Aktionspaket.
Außergewöhnlich an der Aktion ist auch ihr Schwerpunkt: Alle
Werbematerialien werden mit dem Aufdruck „Kauf am Kiosk!“ versehen.
Der Verlag will so nicht nur für das eigene Produkt werben, sondern
dem Einzelhandel neue Kunden zuführen. „Junge Welt-Interessierte sind
Vielleser und Genießer und werden im Einzelhandel nicht nur nach der
jungen Welt greifen“, sagt Peter Borak, Verlagsleiter der jungen
Welt. Insgesamt läßt sich sein Verlag die Kampagne über 80.000 Euro
kosten. Unterstützt wird die Aktion auch vom Nationalvertrieb der
Zeitung, der Axel Springer Vertriebsservice GmbH.
Da die junge Welt nicht über einen kapitalkräftigen Verlag
verfügt, hatte sie trotz positiver Entwicklungen zuletzt
Existenzschwierigkeiten. Wie die Financial Times Deutschland mußte
sie im Sommer mitteilen, daß aufgrund hoher Verluste das weitere
Erscheinen gefährdet sei. Dank eines starken Zuspruchs der
engagierten Leserschaft und einer Abokampagne konnte die Krise
überwunden werden: In kurzer Zeit wurden im Bereich Online- und
Printabo weit über 1000 neue Kunden gewonnen und so der Verlag aus
der Verlustzone herausgeführt. „Auch dieses Ergebnis zeigt, daß die
junge Welt als unabhängige linke Tageszeitung dringend gebraucht wird
und gute Chancen hat, sich auf dem schwierigen Markt der
Tageszeitungen fest zu etablieren“, bewertete Dietmar Koschmieder
diesen Erfolg. „Einzelverkauf, Print- und Onlineabo kannibalisieren
sich nicht zwangsläufig, sondern ergänzen sich sinnvoll, wenn das
Produkt inhaltlich stimmt und die Werbekampagne die vorhandenen
Ressourcen vernünftig nutzt“, so Koschmieder.
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