Köln. Für den langjährigen Chef des katholischen
Hilfswerks Misereor, Josef Sayer, ist der neue Papst ein
Wunschkandidat. Er habe ihn 2007 auf einer Versammlung der
lateinamerikanischen Bischöfe in Aparecida (Brasilien) als
Teamspieler erlebt, der auf andere hören, ihre Meinungen und
Positionen aufnehmen und zum Wohl des Ganzen zusammenführen könne,
sagte Sayer dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Freitag-Ausgabe). Die
Menschenkenntnis und soziale Kompetenz des Papstes sind nach Sayers
Worten gute Voraussetzungen für den Papst, Reformen in der römischen
Kurie durchzusetzen. Inhaltlich stehe der bisherige Erzbischof von
Buenos Aires klar zur „Option für die Armen“ – gegen die „ganze
rechte Szene“ in der Kirche Lateinamerikas. Zu ihr gehöre Bergoglio
„überhaupt nicht“, so Sayer. „Ich kann mir vorstellen, dass Opus Dei
und Co. keineswegs erfreut sind über die Wahl von Papst Franziskus.“
Sayer sagte weiter, er habe aus Bergoglios Mund die schärfste
Verurteilung des neoliberalen Wirtschaftsmodells vernommen, die er je
gehört habe: Diese globale Wirtschaftsordnung braucht die Armen
nicht. Sie sind nicht nur Marginalisierte und Ausgeschlossene,
sondern lediglich „Abfall.“ Sayer lobte Bergoglios „klaren Blick für
die Realität, für Ungleichheit und Ungerechtigkeit“ und warnte
zugleich davor, die Härte in doktrinären Fragen wie etwa der
kirchlichen Haltung zur Homosexualität überzubewerten. „Aus
afrikanischer, asiatischer oder lateinamerikanischer Perspektive
stehen die sozialen Bedrängnisse der Menschen weit, weit im
Vordergrund. Denken Sie daran, dass 870 Millionen Menschen auf der
Erde Hunger leiden und viele von ihnen verhungern.“ Der Rückgriff
Bergoglios auf Franz von Assisi bei der Auswahl seines Papstnamens
ist für Sayer Programm: orientiert an den Armen und sensibel für den
Schutz von Natur und Umwelt.
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