Kölner Stadt-Anzeiger: Graumann kritisiert Klagedrohung Martin Walsers Schriftsteller will gegen Michel-Friedman-Interview zum Antisemitismus vorgehen

Köln. Der Zentralrat der Juden hat mit scharfer
Kritik auf die Ankündigung des Schriftstellers Martin Walser
reagiert, den Publizisten Michel Friedman wegen Beleidigung zu
verklagen. Zentralratspräsident Dieter Graumann nannte Walsers
Haltung im „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Mittwochausgabe) „mehr als
unverständlich, ja absolut unglaubwürdig“. Die von Friedman als
antisemitisch kritisierte Friedenspreisrede Walsers von 1998 „bleibt
für uns von monumentaler Scheußlichkeit“. Walser habe seine Rede, in
der er mit Blick auf das fortdauernde Holocaust-Gedenken von einer
„Moralkeule“ gesprochen hatte, „niemals bedauert oder sich gar dafür
entschuldigt“, kritisierte der Zentralratspräsident.

Friedman hatte im „Kölner Stadt-Anzeiger“ ein Vordringen von
Rassismus und Antisemitismus in die Mitte der Gesellschaft
angeprangert und in diesem Zusammenhang Walser und
Literaturnobelpreisträger Günter Grass angegriffen. Sie hätten
„Pamphlete in Rede- oder Gedichtform“ verfasst. Walser wies den
Vorwurf des Antisemitismus als ihm unerklärlich zurück und verlangte
ultimativ eine Entschuldigung Friedmans. Andernfalls, so Walser,
werde er ihn verklagen.

Graumann hingegen unterstrich Friedmans Kritik an Walsers Rede. So
wie dieser „haben wir alle im Zentralrat das immer schon gesehen. An
unserer Einschätzung hat sich nichts geändert.“ Das habe er –
Graumann – gerade erst in der vorigen Woche anlässlich des Gedenkens
an die Pogromnacht vom 9. November bekräftigt. Eine Klage Walsers
würde er für „als besonders unklug bewerten“, so Graumann weiter. „Es
wäre ein Klagen auf falschem und fragwürdigem Niveau.“ Er habe Walser
zwar nicht zu beraten, wünsche sich aber sehr „Einsicht statt Klage“
von ihm. „Das wäre schön“, fügte Graumann hinzu.

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