Causa finita? Wenn man dem Kölner Erzbischof Joachim
Kardinal Meisner zuhört, dann könnte die von Papst Franziskus
verkündete „Zeit der Barmherzigkeit“ mit wiederverheirateten
Geschiedenen vorbei sein, ehe sie begonnen hat. Meisner weiß zwar von
den Möglichkeiten zu berichten, die Betroffene hätten, um am Leben
der katholischen Kirche teilzunehmen. Aber zu den Sakramenten seien
sie nicht zugelassen, daran könne auch der Papst nichts ändern. Das
sei gültige Glaubenslehre.
Ähnlich rigide hatte sich schon der Präfekt der römischen
Glaubenskongregation, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, geäußert und
war damit beim Münchner Kardinal Reinhard Marx auf Widerstand
gestoßen: „Wir werden erleben, dass das Thema in der ganzen Breite
diskutiert wird“, sagte Marx, der bekanntlich der vom Papst berufenen
achtköpfigen Reformkommission angehört.
Der Vorgang ist bezeichnend für die Verunsicherung, die Franziskus
auslöst. Ein Papst, der statt in sich geschlossener Statements wenig
konkrete Andeutungen setzt und Prüfaufträge erteilt – ausdrücklich in
Sachen Ehepastoral -, der weckt enorme Erwartungen bei den
Betroffenen und bricht gewohnte Entscheidungsstrukturen auf. Roma
locuta, causa finata – Rom hat gesprochen, die Sache ist beendet: Das
gilt nicht mehr, Rom bringt „die Sache“ vielmehr richtig ins Rollen,
und dies über die Köpfe manches Bischofs und manches Kurienvertreters
hinweg. Gewiss eine Zumutung.
Bedenkt man, welche Flexibilität die so nahe verwandte orthodoxe
Kirche, mit der man ja die volle Kircheneinheit anstrebt, in
Ehedingen beweist, dann könnte Kardinal Marx in seiner Kommission in
der Tat noch viel zu diskutieren haben.
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Dr. Raimund Neuß
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