Es gibt einen Unterschied zwischen Erika Steinbach
und Thilo Sarrazin. Der SPD-Mann hatte etwas vom Juden-Gen gefaselt
und von biologischen Nachteilen muslimischer Migranten. Das war ein
Verstoß gegen elementare Grundüberzeugungen seiner Partei. In der
Union hingegen war die Wiedervereinigungsforderung „Dreigeteilt
niemals“ (inklusive Ostgebiete) lange Wahlkampfaussage und später
eine geduldete Minderheitenmeinung. Erst 1990 wurde die
Oder-Neiße-Grenze förmlich anerkannt – Erika Steinbach stimmte damals
dagegen. Wie tolerabel ist ihre Position heute? Nicht zufällig ist
der Streit entstanden, als es im Unions-Fraktionsvorstand um Sarrazin
ging. Steinbach verlangte Meinungsfreiheit für Sarrazin. So etwas
wird man ja wohl noch sagen dürfen, das ist das Motto aller
Provokateure. In der Fassung Steinbach lautet es: „Ich kann es leider
auch nicht ändern, dass Polen bereits im März 1939 mobil gemacht
hat.“ Tja, so ein Pech für Polen. Erst sechs Millionen Menschen durch
Hitler verloren, und jetzt noch nicht mal eindeutig Opfer. Natürlich
hat Steinbach wie alle Sarrazins dieser Welt dieses „Missverständnis“
sofort klargestellt. Aber jene in ihrem Vertriebenenverband, die die
gleiche These munter weiter vertreten, will sie nicht zurechtweisen.
Ihr trotziger Rückzug aus dem Unions-Vorstand ist mehr als
unangemessen. Es ist vielmehr an der Union, eine Entscheidung zu
treffen. Ist der 1990 erfolgte Positionswandel in Sachen Anerkennung
der deutschen Kriegsschuld und der europäischen Nachkriegsordnung für
sie inzwischen ebenso grundlegend, wie es der Antirassismus schon
immer für die SPD war? Wenn ja, muss sie Steinbach rauswerfen.
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