Lausitzer Rundschau: Heißer Herbst Die Bundesregierung, das Parlament und der Euro

Wenn es um den Umgang der Bundesregierung mit dem
Parlament geht, avanciert inzwischen Bundestagspräsident Norbert
Lammert zu einem der größten Kritiker der Regierung. Wenn nicht er,
wer sonst? Schließlich hat CDU-Mann Lammert in seiner Funktion als
Präsident nicht die parteipolitische Sicht auf die Dinge zu wahren,
sondern die Interessen und Rechte des Bundestages und seiner
Abgeordneten. Das tut er wie jetzt bei den anstehenden
Euro-Beschlüssen wieder einmal mit Vehemenz. Und zwar aus gutem
Grund: Tatsächlich hat die Regierung Merkel in den vergangenen
Monaten mehrfach den Eindruck erweckt, sie schere sich nur noch wenig
um die Belange des Hohen Hauses. Das lassen ihr Lammert, viele
unzufriedene Koalitionsabgeordnete und die Opposition zum Glück nicht
immer durchgehen, sodass die Regierung beispielsweise bei ihrer
Energiewende notgedrungen mehr Beratungszeit über den Atomausstieg
und die vielen Begleitgesetze einräumen musste. Das ändert aber
nichts am Grundproblem: Immer mehr Entscheidungen werden in kleinen
Gremien und Kreisen ausgeheckt, die Kurzlebigkeit der Beschlüsse und
damit der Handlungsdruck haben zugleich dramatisch zugenommen – wie
sich allein bei der Finanz- und Eurokrise zeigt. Trotzdem: Das darf
kein Argument dafür sein, die Abgeordneten wie Befehlsempfänger, wie
einen Abnickverein zu behandeln. Wer so agiert, kratzt kräftig an der
parlamentarischen Demokratie. Die neuerliche Kritik an ihrem Umgang
mit dem Bundestag könnte der Kanzlerin jetzt gefährlich werden, weil
Lammert jene bestärkt in den Regierungsfraktionen, die Merkels
Euro-Rettungskurs womöglich nicht mittragen wollen. Merkel steht
somit innenpolitisch ein heißer Herbst bevor. Das ist sicher.

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