Lausitzer Rundschau: Im Glanz der Zahlen

Wirtschaftsforscher prognostizieren kräftigen

Deutschlands Konjunkturforscher haben sich bei
ihren Prognosen schon öfter vergaloppiert. In schöner Regelmäßigkeit
schätzten sie das Wachstum zu optimistisch ein. So gesehen ist ihr
aktuelles Herbstgutachten etwas ganz Besonderes. Eine Anhebung der
eigenen Prognose innerhalb weniger Monate um satte zwei Prozentpunkte
– das hat es im vereinigten Deutschland noch nie gegeben. Allein,
mit dieser Art von Irrtum lässt es sich bestens leben. Das gilt für
die Unternehmen, die wieder mehr investieren. Das gilt für die
Bürger, die wieder mehr konsumieren. Nicht zuletzt deshalb, weil
Arbeitsplätze sicherer geworden sind als noch vor ein paar Jahren.
Und das gilt natürlich auch für die Bundesregierung, die sich jetzt
im Glanz der schönen Zahlen sonnt. Zwar kann Schwarz-Gelb am
allerwenigsten für das kleine Wirtschaftswunder. Nahezu sämtliche die
Konjunktur stützenden Beschlüsse gehen noch auf die Große Koalition
zurück. Die FDP, damals noch in der Opposition, hatte sogar heftig
gegen Maßnahmen wie die Abwrackprämie Front gemacht. Doch das ist
Schnee von gestern. Eine gute Wirtschaftslage hat noch keiner
Regierung geschadet. Die Frage ist, was Merkel und Brüderle jetzt
daraus machen. Die Forschungsinstitute haben Union und FDP ins
Stammbuch geschrieben, den Schuldenstand deutlich abzubauen. Mit der
verfassungsrechtlich verankerten Schuldenbremse gibt es dafür aber
bereits klare politische Vorgaben. Weil die Wirtschaft floriert,
braucht die Regierung in diesem Jahr ohnehin deutlich weniger Kredite
aufzunehmen als ursprünglich geplant. Vor diesem Hintergrund dürfte
es nur eine Frage der Zeit sein, bis die Liberalen ihr altes
Herzblutthema neu entdecken: Steuersenkungen. Doch Vorsicht. Noch ist
die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise nicht ganz ausgestanden.
Sorgenland Nummer eins sind die USA, deren Konjunkturmotor
vernehmlich stottert. Auch die asiatischen Schwellenländer haben
zunehmend Probleme. Und der hohe Euro-Kurs birgt ebenfalls
ökonomische Unwägbarkeiten. Selbst Deutschland als europäische
Wachstumslokomotive wird, wenn es gut läuft, wenigstens noch zwei
Jahre brauchen, um wieder wirtschaftliches Vorkrisen-Niveau zu
erreichen. In dieser Situation nach Steuerentlastungen zu rufen,
hieße die Gefahren zu ignorieren, von denen auch im neuesten
Herbstgutachten ausführlich die Rede ist. Das schließt freilich nicht
aus, zu einem späteren Zeitpunkt darüber nachzudenken. Eine
Verfestigung der guten Konjunktur könnte im Jahr 2013 sichtbar
werden. Da steht die nächste reguläre Bundestagswahl an. Eine solche
Steilvorlage zur Bürgerbeglückung dürfte sich diese Regierung dann
wohl kaum entgehen lassen.

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