Lausitzer Rundschau: Kirche, Küche, Kinder?

Auch Merkels Kritiker in der CDU müssen kl

Wenn eine Volkspartei sich behaupten will, kann
sie versuchen, die alleinerziehenden Mütter genauso einzubinden wie
die Anhänger des traditionellen Familienbildes, oder Befürwortern wie
Gegnern der Wehrpflicht irgendwie ein Angebot zu unterbreiten. Und
sie kann Marktwirtschaftlern wie Sozialpolitikern ein Dach bieten.
Das alles und noch mehr hat die CDU der Angela Merkel in den
vergangenen Jahren so gut es eben ging probiert. Für jeden etwas. In
der Hoffnung, mit einem breiten Angebot neue Wählerschichten zu
erreichen. Das ist Merkels Union sogar gelungen, sie regiert. Aber um
den Preis, dass traditionelle Wähler verschreckt wurden. 30 Prozent
plus X statt 40 Plus X, so sieht derzeit die schwarze Realität aus.
Selbstverständlich ist der Wähler nicht mehr das Wesen, das er vor 30
Jahren und davor gewesen ist, als die Volksparteien sich noch
Hoffnungen auf absolute Mehrheiten machen konnten. Die Menschen und
die Gesellschaft, in der sie leben, haben sich verändert. Und zwar
schneller, als die großen Parteien Schritt halten konnten. Angela
Merkel hat daraus für die Union die Konsequenzen gezogen. Und das war
richtig so. Sie hat die Partei inhaltlich und personell viel stärker
in der gesellschaftlichen Mitte verankert, als sie es vermutlich
jemals gewesen ist. Man kann über die CDU-Vorsitzende und ihren Kurs
denken, was man will, aber die neue Modernität der Union wird als ihr
Verdienst in die Geschichtsbücher eingehen. Vielen in der Partei
fällt diese Einsicht allerdings schwer, vor allem jenen, die noch
geprägt worden sind vom rheinisch-katholischen Konservatismus. Die
Steinbachs & Co fragen beharrlich, wo denn ihre Heimat in dieser
neuen CDU ist. Dies wissen zu wollen ist verständlich, aber vorher
wäre es ratsam, wenn die Konservativen endlich einmal klar definieren
würden, was für sie eigentlich konservativ im Jahr 2010 bedeutet.
Sind es immer noch die Prinzipien der alten Männerpartei, Kirche,
Küche, Kinder? Oder ist konservativ inzwischen nicht auch, Beruf und
Familie vereinbaren zu wollen, oder der Wunsch nach sozialer
Sicherheit und einem intakten Staat? Die Frage in der anhaltenden
Profildebatte kann deshalb nicht sein, wofür die CDU steht, sondern
wofür stehen die, die Merkels Kurs so scharf kritisieren. Wobei, da
gibt es noch die andere Seite des Modernisierungskurses, die den
Konservativen Auftrieb gegeben hat: Der politische Gemischtwarenladen
hat sich für Merkel nur bedingt ausgezahlt, wie die letzten
Wahlergebnisse belegen. Eine Partei wird schließlich nicht allein an
ihren Inhalten gemessen, sondern auch an der Art und Weise, wie sie
von wem gelenkt wird.

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