Wer hätte gedacht, dass die Anlaufstelle für Opfer
des sexuellen Missbrauchs gleich auf Anhieb von so vielen Menschen
genutzt werden würde. Man kann nur dazu ermutigen, diese Möglichkeit
– und übrigens die vielen anderen Angebote in den Kommunen auch –
wahrzunehmen. Das Leiden der Betroffenen endet zwar nicht mit einem
Anruf bei den Experten. Aber das Leben wird vielleicht erträglicher.
Und die Täter wissen jetzt, dass sie der erzwungene Mantel des
Schweigens nicht unbedingt mehr schützen wird. Die Hotline ist das
eine – das andere ist, welche Konsequenzen aus dem regen Zuspruch
gezogen werden. Die Bedürfnisse der Opfer liegen auf der Hand:
Entschädigungen, längere Verjährungsfristen, mehr Aufklärung und
Therapiemöglichkeiten. Das sind berechtigte Anliegen. Auf die
Bundesregierung wird es ankommen, diese Forderungen am Ende auch
umzusetzen. Und auf die Institutionen, in denen jahrelang der
Missbrauch verschwiegen oder ignoriert wurde. Sie haben zuallererst
die moralische und finanzielle Pflicht, aus den vielen schlimmen
Vorfällen die Lehren im Sinne der Opfer zu ziehen. Nur dann hat die
Arbeit des runden Tisches auch seinen Sinn. Hinzu kommt: Um
Missbrauch zu verhindern oder zu beenden, ist jeder einzelne
gefordert, wachsam und aufmerksam zu sein. Viel zu häufig wird noch
weggesehen oder Gesehenes nicht ernst genommen. Gerade, weil der
Missbrauch meist in den Familien und in engen Beziehungsgeflechten
stattfindet. Mut brauchen daher nicht nur die Opfer. Sondern ebenso
diejenigen, die etwas wissen. Mut, auch ihr Schweigen zu brechen.
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