Philipp Rösler ist als netter, aber wirkungsloser
politischer Zeitgenosse bespöttelt worden. Mit seiner
Gesundheitsreform hat der FDP-Minister diesen Eindruck jetzt
korrigiert. Die vom Bundeskabinett auf den Weg gebrachte Vorlage
deckt sich weitgehend mit dem, was die Liberalen vorhatten. Im Kern
handelt es sich um einen Systemwechsel zulasten der Versicherten. Der
bislang weitgehend paritätisch finanzierte prozentuale
Krankenkassenbeitrag wird an Bedeutung verlieren. Im Gegenzug wird
der einkommensunabhängige Zusatzbeitrag, auch Kopfpauschale genannt,
immer stärker aufgebläht. Der Effekt besteht darin, dass die
Gesundheitskosten von den Arbeitskosten abgekoppelt werden. Das ist
zwar im Sinne der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit. Aber im
Gesundheitssystem sinkt der Effizienzdruck, weil die Arbeitgeber an
Kostenkontrollen kein Interesse mehr haben. Hier liegt neben der
mangelnden Gerechtigkeit der zweite große Schwachpunkt der Reform.
Seine Maßnahmen erschöpfen sich in aktionistischer Kostendämpfung.
Die Kassen sollen bei Verwaltungsausgaben sparen und die Ärzte bei
ihren Honoraren. Das ist nicht falsch, lässt sich aber nicht beliebig
wiederholen. Zwar soll auch die Pharmabranche belastet werden, doch
die Regelungen bergen viele Hintertüren. Die Apotheker bleiben
praktisch unbehelligt. Von strukturellen Einschnitten keine Spur. An
den Überkapazitäten bei den Kliniken ändert sich genauso wenig wie an
der mangelnden Kooperation zwischen niedergelassenen Ärzten. Von
einer bedarfsgerechten ärztlichen Planung ist ebenfalls keine Rede
mehr. Durch die schwarz-gelbe Gesundheitsreform droht das System
langfristig unsolidarischer zu werden. Wirtschaftlicher wird es
nicht. Wichtige Klientelgruppen können sich weiter ungeniert
bedienen. Die Folgen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt sind
noch nicht abzusehen. Insofern hat Philipp Rösler ganze Arbeit
geleistet.
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