<div class=“paragraph“>Im Feilschen um die Neubesetzung europäischer Spitzenposten zeichnet sich offenbar eine Vorentscheidung ab. Die Finanzminister der Euro-Zone könnten sich auf den Luxemburger Notenbankchef Yves Mersch als neues Mitglied im Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) einigen. Das berichtet Reuters unter Berufung auf zwei mit den Gesprächen vertrauten Vertretern der Euro-Gruppe. Hintergrund sei, dass Spanien seinen Kandidaten möglicherweise zurückzieht, wenn es stattdessen den Zuschlag für die Führung des ab Juli geplanten Euro-Rettungsfonds ESM erhalten sollte.</div>
<div class=“paragraph“>“Die Chancen sind gestiegen, dass der EZB-Posten mit dem Luxemburger Mersch besetzt wird“, sagte einer der Eingeweihten. „Es gibt einen Konsens für Mersch“, sagte ein anderer.</div>
Neben dem Ende Mai vakant werdenden Posten in der EZB-Führung und der ESM-Leitung ist auch noch der Chefposten der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) sowie der Vorsitz der Euro-Finanzministergruppe neu zu besetzen. Dem derzeitigen Chef der EBRD, Thomas Mirow (SPD), soll keine zweite Amtszeit zugestanden werden.
<div class=“paragraph“>Mirow gibt sich gegenüber der FTD kämpferisch: „Ich wurde sowohl von Russland als auch von Bulgarien offiziell vorgeschlagen“. Er habe Gründe anzunehmen, dass auch viele andere Anteilseigner gerne eine zweite Amtszeit sehen würden.</div>
<div class=“paragraph“>Bundeskanzlerin Angela Merkel versucht derweil, Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) zum nächsten Vorsitzenden der Euro-Finanzminister zu machen. Um die Unterstützung Frankreichs zu sichern, ist Merkel bereit, Mirow zu opfern und die Kandidatur des französischen Vizepräsidenten bei der Europäischen Investitionsbank (EIB), Philippe de Fontaine Vive Curtaz, für den Chefposten bei der Osteuropabank zu unterstützen. Mirow warnte die 17 Euro-Staaten vor einem Postengeschacher zulasten der restlichen Anteilseigner.</div>
Die Entscheidung über einen neuen Chef der Euro-Gruppe ist die politisch wichtigste. So hängt Merschs Schicksal davon ab, ob sein Regierungschef Jean-Claude Juncker für eine weitere Amtszeit als Vorsitzender der Finanzministerrunde antreten wird.
<div class=“paragraph“>Anfang des Jahres hatte der profilierte Europapolitiker Juncker, der seit 2005 die informelle Gruppe führt, seinen Rückzug zum Sommer erklärt. In Kreisen der Euro-Zone heißt es aber, Juncker ließe vielleicht umstimmen. Das wäre schlecht für Merkels Pläne und für die Personalie Merchs. Eine Entscheidung über den EZB-Posten ohne Klarheit über den Vorsitz der Euro-Gruppe gilt als unwahrscheinlich.</div>
<div class=“paragraph“><span class=“zwiTi first“>Spanien will eine bindende Zusage</span>. Bisher galt als ungeschriebenes Gesetz, dass die vier großen Euro-Länder Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien permanent in dem sechs Personen großen Führungsgremium der EZB vertreten sein sollen. Der spanische Wirtschaftsminister Luis De Guindos hatte vergangene Woche aber angedeutet, von dem Anspruch abzurücken, solange sein Land mit einem anderen Spitzenposten bedacht wird. Die Regierung hatte zunächst den bisherigen Chefjustiziar der EZB, Antonio Sainz de Vicuna, ins Rennen geschickt.</div>
<div class=“paragraph“>Spanien will eine bindende Zusage schon bei der Verabredung über die EZB-Personalie erreichen. Ein bloßes Versprechen wäre definitiv nicht genug, sagte De Guindos Sprecherin in Madrid. „Für den Fall, dass wir einen Kandidaten für den ESM präsentieren sollten, würden wir nach jemandem mit dem richtigen Profil suchen.“</div>
<div class=“paragraph“>Bisher gilt als Favorit für die Leitung des ESM der deutsche Chef des provisorischen Rettungsfonds EFSF, Klaus Regling. Doch Spanien könnte sich den notorischen Frauenmangel unter den führenden europäischen Repräsentanten zunutze machen und eine Kandidatin für den Posten vorschlagen, sagte einer der Insider.</div>