Der Wittenberger Theologe Friedrich Schorlemmer
hat im Zusammenhang mit der geplanten Koran-Verbrennung einer
radikalen evangelikalen Splittergruppe in den USA die
Berichterstattung der Medien kritisiert. „Leider ist die Empörung der
Medien darüber Teil des Problems. Alle stürzen sich auf 50 Idioten in
den USA. So wird aus einem Furz eine Bombe gemacht“, sagte
Schorlemmer der „Leipziger Volkszeitung“ (Freitag-Ausgabe). Die
verheerende Wirkung der Verbrennungsaktion würde nur dadurch
entstehen, dass ein zügelloser Wettbewerb in der veröffentlichten
Meinung ausgetragen wird. „Jeder glaubt, noch mehr als der andere
über diesen Blödsinn berichten zu müssen. Leider spielen die Medien
das idiotische Spiel des Terry Jones mit und blenden die fatalen
Folgen aus. Eigentlich müsste man sagen: Komm, der hat “nen Klaps,
wir ignorieren ihn.“
Schorlemmer fordert daher eine Art freiwillige Selbstkontrolle der
Medien. „Man kann solche Aktionen nicht verbieten, aber es muss eine
Übereinkunft auch in den Medien geben, darüber nicht zu berichten.
Nicht jeder Blödsinn verdient ein öffentliches Podium.“ Zudem sei
mehr sprachliche Sensibilität nötig. „Leider wird Jones immer als
Pfarrer bezeichnet. Ich bin auch Pfarrer und zucke zusammen und wehre
mich dagegen, mit dem in einem Topf geworfen zu werden.“ Schon in
seiner Zeit in Köln habe Jones viel Unsinn getrieben. Sein
„bescheuertes Tun“ habe nichts mit christlicher Nächstenliebe und der
Aufgabe eines Pfarrers zu tun.
Der Wittenberger Theologe sieht in der geplanten Koran-Verbrennung
vor allem einen Angriff auf Obamas Ausgleichbemühungen mit dem Islam.
„Das ist ein Frontalangriff auf den Geist der Obama-Rede von Kairo.“
Obama sei es darum gegangen, sich mit militanten Islamisten
auseinanderzusetzen, ohne dass ein antiislamisches Feindbild
aufgebaut wird. „Wir dürfen uns auch weiterhin nicht an
Verteufelungsstrategien beteiligen, auf keiner Seite“, so
Schorlemmer.
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