Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in
Deutschland, Kenan Kolat, hat den Rücktritt Thilo Sarrazins von
seinem Bundesbank-Posten ausdrücklich begrüßt. „Dieser Schritt war
überfällig. Jetzt sollte Herr Sarrazin auch konsequent sein und die
SPD schleunigst verlassen“, sagte Kolat der „Leipziger Volkszeitung“
(Sonnabend-Ausgabe). Es sei letztlich auch egal, ob Sarrazin damit
dem Bundespräsidenten eine politische Entscheidung erspart hat. „Zum
Glück hatten Bundesregierung und Bundespräsident zuvor klar
signalisiert, dass sie für eine Abberufung Sarrazins sind. Jetzt ist
es wichtig zu verhindern, dass sein Abschied von der Bundesbank mit
einem ,Goldenen Handschlag“ versüßt wird.“
Die Zuwanderungs-Thesen hätten bereits enormen Schaden im In- und
Ausland angerichtet. „Türkische Eliten in Deutschland, die zu den
Leistungsträgern der Gesellschaft gehören, fragen sich, wie so eine
aufgeputschte, feindliche Stimmung in Deutschland möglich ist. Einige
gehen auf Distanz, andere denken über Abschied nach“, sagte Kolat.
Sarrazin habe zudem dafür gesorgt, dass die Aufbruchsstimmung nach
dem Integrationsgipfel und dem nationalen Integrationsplan der
Bundesregierung weg ist. „Ich fürchte, jetzt wird nur noch über
Verschärfung von Aufenthalts- und Zuwanderungsregelungen diskutiert.
Das wirft uns in der Debatte über eine gelingende Integration um
Jahre zurück.“
Der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Maria Böhmer,
warf Kolat Versagen vor. „Als es brannte, war sie nicht da. Leider
hat sie versagt, als sie wirklich gebraucht wurde. Sie hätte ihre
Reise nach Kanada abbrechen müssen und hier klar Position beziehen
müssen“, kritisierte Kolat. Die Konsequenz aus dieser Panne sei eine
notwendige Aufwertung des Integrationsbeauftragten. „Wir brauchen ein
größeres Bundesministerium, in dem der Bereich Integration fest
verankert ist und eine größere Rolle spielen muss“, so Kolat.
Pressekontakt:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion
Telefon: 0341/218 11558