Derweil hat der Prozess mit seinen 93
Verhandlungstagen noch einmal die Abgründe des 20. Jahrhunderts vor
Augen geführt und deutlich gemacht, wie nah Leid und Schuld
beieinanderliegen konnten. Bei Demjanjuk ist das Schicksal einen
besonders perfiden Weg gegangen. Als sowjetischer Soldat ist er 1942
in deutsche Gefangenschaft geraten. Um jedoch im Lager nicht elend zu
verhungern, wie es vielen seiner Kameraden erging, ließ er sich als
„fremdvölkischer Hilfswilliger“ rekrutieren – um den Preis, als
KZ-Aufseher nun am Gas-Tod zehntausender Juden mit schuldig zu
werden. Ein Pakt mit dem Teufel, wie er seinerzeit nicht selten
eingegangen wurde. Sicher, aus Not, um das eigene Leben zu retten.
Und doch, das hat der Prozess einmal mehr gezeigt, entbindet dieser
Umstand nicht von der eigenen Verantwortung. Für die Sobibor-Opfer –
wenn das überhaupt möglich ist – mag das ein wenig Genugtuung
bedeuten. Doch kann das Münchner Urteil nicht über das Versagen der
bundesdeutschen Justiz in den vergangenen Jahrzehnten hinwegtäuschen.
Zahlreiche wesentlich höher gestellte NS-Täter kamen davon.
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