St. Gallen, 21.11.2013. Ständig suggeriert uns die abgewählte
schwarz-gelbe Regierung, arme und reiche Menschen würden
wieder näher zusammenrücken. Doch können zwei
voneinander unabhängige Studien von renommierten
Forschungsinstituten lügen?
Die Studien des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung
(DIW) und des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichem
Instituts (WSI) belegen nämlich, dass die Schere zwischen
hohen und niedrigen Einkommen in Deutschland groß bleibt.
Diese Expertenaussagen widersprechen dem umstrittenen
Armuts- und Reichtumsbericht der schwarz-gelben Regierung
aus dem Frühjahr. Das Arbeitsministerium hatte Anfang März
noch geäußert: „Die Ungleichheit der Einkommen nimmt
derzeit ab.“
Nach den Erkenntnissen der DIW-Forscher Markus Grabka und
Jan Göbel trifft dieser amtliche Befund nicht mehr zu. Zwar
seien die Einkommensunterschiede wegen der gesunkenen
Arbeitslosigkeit seit 2005 zurückgegangen. „Diese Tendenz
hat sich jedoch zuletzt – im Jahr 2011 – nicht weiter
fortgesetzt“, heißt es in ihrer Studie. Das DIW sieht die
Ungleichheit der Haushaltseinkommen nach wie vor „auf
einem hohen Niveau“. Die höchsten Haushaltseinkommen
seien im obersten Zehntel auf der Verteilungsskala von 2000
bis 2011 um 13 Prozent gewachsen. Unten, im vierten bis
ersten Dezil, gingen sie dagegen um bis zu fünf Prozent
zurück. Die Wissenschaftler kommen außerdem zu dem
Schluss, dass Menschen es immer schwerer haben, in der
Einkommenshierarchie nach oben aufzusteigen. Die Chance,
innerhalb eines Vierteljahres aus dem Armutsrisiko zu
entkommen, sei in den vergangenen Jahren um zehn
Prozentpunkte auf 46 Prozent gesunken.
Für Wohlhabende hingegen, habe sich die Gefahr verringert,
ärmer zu werden. Diese Gruppe profitiert offenbar wieder
verstärkt von wachsenden Zinsen, Dividenden und
Kursgewinnen ihres angelegten Kapitals.
Der Abstand zwischen hohen und niedrigen Löhnen hat seit
2008 wieder zugenommen. Trotz des jüngsten Anstiegs der
Löhne sei die geringe durchschnittliche Lohnentwicklung seit
Beginn des neuen Jahrtausends noch nicht wieder aufgeholt.
Das treffe vor allem Arbeitnehmer, die im
Dienstleistungssektor tätig sind und Beschäftigte, die keinen
Tariflohn bekommen.
Die Kluft zwischen Arm und Reich zeigt sich auch in der
Sparquote: So habe das einkommensstärkste Viertel der
Haushalte seit 1991 neun bis zehn Prozent des verfügbaren
Einkommens zurücklegen können. „Die ärmere Hälfte der
Haushalte kann dagegen deutlich weniger sparen als noch
Anfang der 1990er Jahre“, heißt es in der Studie. Dort liegt die
Sparquote bei fünf bis sechs Prozent. Da die untersten
Einkommensgruppen immer weniger zurücklegen können, sei
auch „eine private Altersvorsorge kaum möglich“. Die größte
Gefahr besteht also darin, dass die soziale Mobilität weiter
zurückgeht und die Isolation zwischen den armen und reichen
Schichten der Gesellschaft noch mehr zunimmt und sich
verhärtet.