Michael Oehme: Schweiz will die Zuwanderung von EU-Bürgern begrenzen

St. Gallen, 18.02.2014. „Mit einer minimalen Mehrheit von
50,3 Prozent wurde das Schicksal über die Zuwanderung von
EU-Bürgern besiegelt. Die umstrittene Initiative „gegen
Masseneinwanderung“ der konservativen SVP könnte das
Verhältnis der Schweiz zur EU zukünftig belasten“, meint
Michael Oehme, Consultant bei der Capital PR AG in Sankt
Gallen.

Die Schweizer Regierung gerät nun in Zugzwang und muss
binnen drei Jahren ein entsprechendes Gesetz verabschieden.
Damit muss Bern bei der EU auf eine Änderung des 1999
unterzeichneten Abkommens über Personenfreizügigkeit
dringen. Davon könnten viele Bundesbürger betroffen sein,
die in der Schweiz arbeiten wollen. Bisher gibt es keine
konkrete Zahl zum Limit der Zuwanderung. Das Kontingent
solle die „gesamtwirtschaftlichen Interessen“ des Landes
berücksichtigen, heißt es in der Vorlage. Brüssel hatte bereits
angekündigt, einen Verstoß gegen gültige Vereinbarungen
nicht hinzunehmen. Unterdessen hat die EU den privilegierten
Zugang der Schweiz zum EU-Binnenmarkt infrage gestellt. Die
Schweiz als nicht EU-Mitglied, wickelt nämlich den größten Teil
ihres Handels mit EU-Staaten ab.

Die Mehrheit der 26 Kantone hatte mit Ja gestimmt. Die
meisten Stimmberechtigten beteiligten sich schon vorher per
Briefwahl an dem Volksentscheid. Neben dem sogenannten
„Ständemehr“ – also der Mehrheit der Kantone – war aber auch
noch das sogenannte „Volksmehr“ nötig, also die Mehrheit
der Gesamtstimmen. Die Ergebnisse zeigten einen deutlichen
Unterschied zwischen den deutsch- und den
französischsprachigen Kantonen. Während die
deutschsprachigen Kantone mehrheitlich mit Ja stimmten,
lehnten die französischsprachigen die Initiative mehrheitlich
ab. Auch im italienischsprachigen Kanton Tessin wurde die
Initiative begrüßt.

Doch dort hat sich die Zahl der aus dem benachbarten Italien
zugewanderten Einwohner seit 2002 verdoppelt. Seit dem
Inkrafttreten der Abkommen über freien Personenverkehr mit
der Europäischen Union 2002 haben sich jährlich 80.000 EU-
Bürger in der Schweiz niedergelassen. Das sind zehn Mal so
viel wie die Regierung in Bern prognostiziert hatte. Italiener
und Deutsche sind mit 291.000 beziehungsweise 284.200
Einwohnern am Meisten vertreten, gefolgt von Portugiesen
(237.000) und Franzosen (104.000).

„Die hinter diesem Volksentscheid stehenden Ängste sind
nicht „schweiz-spezifisch“, sie gelten auch für andere Länder.
Sie lauten Arbeitsplatzverlust durch „Verdrängung“,
Verteuerung der Lebenshaltungskosten unter anderem durch
fehlenden Wohnraum, Angst vor Veränderung der eigenen
kulturellen Identität. Und letztendlich schwingt immer auch ein
wenig Patriotismus mit. Ich bin allerdings fest davon
überzeugt, dass das Schweizer Parlament eine Lösung findet,
die diesen Ängsten gerecht wird und dieses für die
europäische Wirtschaft so wichtige Land dennoch nicht
ausgrenzt“, so Oehme.

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