Absturz? Einbruch? Vollbremsung? An dramatischen
Vokabeln mangelt es nicht bei der Bewertung des gestern vorgestellten
Herbstgutachtens. Die pessimistischen Reaktionen fügen sich nahtlos
ein in die aktuelle Befindlichkeit professioneller
Wirtschaftskommentatoren. Inmitten von Börsen-Zickzack, Eurokrise,
Bankenpanik und Schuldendrama wird vor allem eines mit Wonne getan:
Trübsal geblasen. Nicht selten mit unmittelbaren Folgen für die
Finanzmärkte. Die in Euro und Cent nachrechenbare Wirklichkeit ist
eine andere. Immer noch steckt Deutschland in einem phänomenalen
Aufschwung. Und immer noch prognostizieren die Volkswirte Wachstum.
Deutlich schwächeres, zugegeben. Doch liegen die Jahre noch nicht
lange zurück, in denen ein Zuwachs von einem Prozent als Gipfel
wirtschaftspolitischer Glückseligkeit gefeiert worden wäre. Weder ist
die Temporücknahme überraschend noch dramatisch. Nach dem
überproportionalen Aufschwung war eine Abkühlung unvermeidlich, auch
ohne zusätzliche weltwirtschaftliche Kalamitäten. Sie wird nach den
Voraussagen auch unschädlich für den Arbeitsmarkt sein, was wiederum
zur anhaltenden Entlastung der Sozialkassen beiträgt. Und selbst wenn
die Steuer-Milliarden nicht mehr ganz so üppig sprudeln wie zuletzt,
bleibt ein Plus, kein Minus. Also alles kein Problem? Doch, sogar ein
zentrales: die Prognosequalität. Schon in der ruhigeren Vergangenheit
lagen die „Weisen“ öfter mal ziemlich daneben. Voraussagen sind eben
schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen. In Zeiten von,
siehe oben, Börsen-Zickzack, Eurokrise, Bankenpanik und Schuldendrama
werden Gutachten vollends zum Lottospiel. Wirtschaft ist bekanntlich
zu einem wesentlichen Teil Psychologie. Nichts braucht die
verbreitete Depression dringender als einen Stimmungsaufheller. Schon
deswegen muss die Politik eine Lösung für das europäische
Krisentableau finden.
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Mindener Tageblatt
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