Mitteldeutsche Zeitung: Afghanistan
Ex-Wiederaufbauminister Farhang sieht Druck lokaler Machth

Der frühere afghanische Wiederaufbauminister Amin
Farhang hat die Zahl der ungültigen Stimmen bei der Parlamentswahl in
seinem Land als problematisch kritisiert. „Wenn ein Viertel der
Stimmen für ungültig erklärt wird, dann stellt das die ganze Wahl in
Frage“, sagte er der in Halle erscheinenden „Mitteldeutschen Zeitung“
(Donnerstag-Ausgabe). „Ob die Wahl annulliert wird, das kann ich aber
nicht sagen. Das ist die Entscheidung der Wahlkommission.“ Farhang
fügte hinzu: „Eine gewisse Unsicherheit wird bei der Bevölkerung
bleiben. Die Menschen in Afghanistan werden diesem Parlament
skeptisch gegenüberstehen.“ Der Afghane spricht von „illegalem
Druck“. Besonders lokale Machthaber hätten offenbar mit finanziellen
Mitteln versucht, die Wahl zu beeinflussen. „Und in einem bitterarmen
Land wie Afghanistan spielt Geld eine große Rolle.“ Der
Afghanistan-Experte Winfried Nachtwei, der bis 2009
Bundestagsabgeordneter der Grünen war, erklärte der „Mitteldeutschen
Zeitung“, Afghanistan habe „die größte Betrugsrate bei international
unterstützten Wahlen“. Insofern seien die aktuellen Nachrichten aus
Kabul nichts wirklich Neues. Nachtwei sieht in der Tatsache, dass die
Fakten jetzt offen auf den Tisch gelegt würden, jedoch einen
„Glaubwürdigkeitsgewinn“. Er könnte sich im Übrigen auch vorstellen,
dass die internationale Gemeinschaft Wahlbetrüger bestraft – etwa
indem sie ihnen Visa verweigert. „Das heilt die Sache zwar nicht“,
betonte er. „Aber man entgeht so der Falle, das achselzuckend
hinzunehmen.“

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Hartmut Augustin
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