Der ehemals Hohe Beauftragte für
Bosnien-Herzegowina, Christian Schwarz-Schilling, hat vor einer
Eskalation der Gewalt in dem Land gewarnt und dem Westen Passivität
vorgeworfen. „Leider zeigt sich dort, dass sich die Geduld der
Bevölkerung aufgrund der seit dem Dayton-Vertrag völlig ungelösten
Probleme dem Ende zuneigt“, sagte er der in Halle erscheinenden
„Mitteldeutschen Zeitung“ (Online-Ausgabe). „Auch in Zukunft ist mit
solchen Unruhen zu rechnen – vielleicht auch mit schlimmeren.“
Schwarz-Schilling fügte hinzu: „Der Westen sollte seine Verantwortung
wahrnehmen. Die Berichte internationaler Organisationen müssen ernst
genommen werden. Außerdem müsste sich zwischen Europa und Amerika ein
Konsens ergeben, welche Maßnahmen in welcher Priorität ergriffen
werden sollten. Dabei müssen auch Russland und die Türkei angemessen
einbezogen werden. Wenn das nicht bald angegangen wird, wird der
West-Balkan letztlich ein schwarzes Loch werden, weil auch der
Konflikt zwischen dem Kosovo und Serbien noch keinesfalls einer
echten Lösung zugeführt worden ist – genau so wenig wie die
Funktionsunfähigkeit des Staates Bosnien-Herzegowinas als große
Gefahr überhaupt erkannt wurde.“ Der Westen müsse „die Institutionen
ernst nehmen, statt sich in Hinterzimmern mit teilweise korrupten und
menschenrechtsfeindlichen Parteiführern abzustimmen“, mahnte der
83-jährige ehemalige CDU-Politiker und warf insbesondere Deutschland
vor, „den Fokus auf den West-Balkan restlos verloren“ zu haben.
Schwarz-Schilling war 2006 und 2007 Hohe Beauftragter für
Bosnien-Herzegowina. Dort war es am Wochenende zu gewaltsamen
Protesten gegen Korruption und Wirtschaftskrise mit fast 150
Verletzten gekommen.
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