Was nicht passt, wird für passend erklärt: Per Gesetz hat nun das britische Parlament das autoritär geführte ostafrikanische Ruanda zum sicheren Drittstaat geadelt. Richter und Menschenrechtsorganisationen sehen das aus guten Gründen ganz anders. Mit der neuen Bestimmung will die Regierung von Rishi Sunak ein Urteil des Obersten Gerichts in London aushebeln und so ein schmutziges Geschäft retten. Das sieht vor, Bootsflüchtlinge, die über den Ärmelkanal auf britischen Boden gelangen, mit Abschiebeflügen auf Nimmerwiedersehen nach Ruanda zu verfrachten. Wo sie herkommen, soll dabei keine Rolle spielen. Es ist ein Deal im schönsten Kolonialstil, bei dem im wahrsten Sinn „westliche Werte“ ihre Wirkung nicht verfehlen: London hat Kigali mit viel Geld gekauft, damit es zum Abschiebelager des Vereinigten Königreichs wird. Sunak hat bereits angekündigt, erneute Einsprüche des Europäischen Gerichtshofs gegen das Projekt, das internationale Vereinbarungen und humanitäre Normen unterläuft, zu ignorieren.
Der Hauptgrund für das trotzige Festhalten am Ruanda-Projekt ist Machtkalkül. „Stop the boats“ lenkt von großen innenpolitischen Themen wie der Teuerung oder der Krise des Gesundheitswesens ab. Die bereits von Boris Johnson auf den Weg gebrachten und vom rechten Flügel der Tories befeuerten Pläne zielen auf die britischen Stammtische. Auf Kosten der Papierlosen wollen die in Umfragen hinter Labour weit zurückliegenden Konservativen und ihr Premier vor der Parlamentswahl Land gewinnen. Der Kurs der Abschreckung von Asylsuchenden und irregulären Einwanderern wird diese Gruppe aber nur tiefer in die Illegalität und Schattenwirtschaft drängen und zu wehrlosen Opfern von rücksichtsloser Ausbeutung machen.
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