Worten müssen Taten folgen
Herzlichen Glückwunsch, Chile! In einer beispiellosen und enorm
professionellen Rettungsaktion hat das Land alle 33 verschütteten
Kumpel nach mehr als zwei Monaten wohlbehalten an die Erdoberfläche
zurückgeholt. Zu Recht dürfen die Chilenen ihre Helden, die die
Nerven behalten haben, aber auch sich selbst feiern. Die Welt erlebte
in den vergangenen Wochen ein Volk, das angesichts des Dramas unter
Tage Solidarität, Einigkeit und Menschlichkeit zeigte.
Profitiert hat von diesem nationalen Zusammenhalt vor allem
Präsident Sebastián Piñera, der jeden einzelnen der geretteten Kumpel
vor den Fernsehkameras umarmte: Seine Popularitätswerte sind in die
Höhe geschnellt. Dass er gleich am Tag danach ankündigt, den Bergbau
im Land sicherer zu machen, Arbeitsschutzgesetze zu verschärfen und
die staatliche Minenaufsicht finanziell aufzuwerten, ehrt ihn zwar.
Doch den Worten müssen dringend Taten folgen.
Bislang stand der Konservative für eine unternehmerfreundliche
Politik, die für die laxe Kontrolle der Minen verantwortlich ist.
Chile, das sein Wirtschaftswachstum vor allem dem Erzabbau verdankt,
macht sich aber von nun an unglaubwürdig, müssten Bergleute weiter
unter gefährlichen und unmenschlichen Bedingungen arbeiten. Ein
deutliches Zeichen wäre zudem, wenn die Helden von San José ihren
Ruhm nutzten, um Missstände zu beseitigen. Dann hätte das Volk erst
recht Grund zum Jubeln.
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