Neue OZ: Kommentar zu Film

Verbot als Geste

Freigeben oder verbieten? Wie mit NS-Hetzwerken umzugehen ist,
bleibt eine sensible Frage. Die Vorstellung von Neo-Nazis, die sich
beim Kameradschaftsabend an Original-Propaganda delektieren, ist
grauenhaft. Nur leider: Mit Vorführvorbehalten ist ein Missbrauch
nicht aufzuhalten.

Was immer die Nazis gedruckt und aufgezeichnet haben, ist im
digitalen Zeitalter auf Knopfdruck verfügbar. Verhindert wird mit dem
Vorbehalt bestenfalls eine naive Zufallssichtung – die bei einem so
berüchtigten Werk wie „Jud Süß“ unvorstellbar ist. In der braunen
Szene dagegen steigern Verbote nur den Reiz des Tabubruchs. Und
allen, die aus seriösem Interesse Harlans Film sehen wollen, machen
sie das Leben schwer. Was bleibt, ist das Verbot als Geste.

Was aber ist am Ende besser: die heimliche, illegale Kopie? Oder
eine wissenschaftliche Edition mit der historischen Einordnung im
Bonus-Material? Einen Warnhinweis könnte man auf DVDs ja sogar zur
nicht überspulbaren Pflichtlektüre machen. Beim Appell gegen
Raubkopien klappt das ja auch.

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