Neue OZ: Kommentar zu Kunst

Kunst öffnet Menschen

Das Denken frei halten, Empathie wecken, Gespräch stiften: Diese
zentralen Leistungen der Kultur und insbesondere der Künste sind
nicht mit Kennzahlen zu messen. Entsprechend gering ist derzeit ihr
Stellenwert. Joachim Gauck erinnert an sie im richtigen Augenblick.
Wichtiger als der Rückblick auf die DDR und andere Unfreiheitsregime
ist dabei der Verweis auf die Attentate von Norwegen und das, was sie
möglich gemacht hat: eine bestürzend verengte und intolerante
Endzeitideologie, die als mentaler Treibsatz für enthemmtes Morden
taugte.

Die Schreckenstaten von Norwegen werden längst als Zeichen einer
weiter reichenden, diffusen Radikalisierung begriffen. Die Kunst kann
dagegen nicht wie ein Medikament eingesetzt werden. Die garantiert
wirksame Kulturpille gegen alle Übel einer unübersichtlichen Weltlage
gibt es nicht. Aber die Künste entfalten in exemplarischer Weise
zivilisierende Kraft. Kunst öffnet Menschen: Das gilt es, neu
wertzuschätzen – vor allem im Hinblick auf die gern gescholtene
Hochkultur. Sie fordert mit ihrer Komplexität und Intensität. Sie
stellt überhaupt Anforderungen an ihr Publikum. Und belohnt mit
außergewöhnlichen Eindrücken und Einsichten. Das gilt nicht nur für
die Salzburger Festspiele. Das gibt es (noch) auch vor Ort. Zum
Glück.

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