Neue OZ: Kommentar zu Kunst / Kriminalität

Kompliment von der falschen Seite

Ausgerechnet jetzt! Das Rheinland rüstet sich mit der heute
beginnenden „Quadriennale“ für das ganz große Kunstereignis. Doch ein
handfester Fälschungsskandal schockt Galeristen, Kuratoren und
Sammler ausgerechnet in der Region, die für ihr dichtes Netz an
qualitätvollen Kunstorten international allerbeste Reputation
genießt. Ein Problem? Ja – und nein.

Ja, denn der Kunsthandel kann nur funktionieren, wenn klare
Qualitätskriterien für Vertrauen sorgen. Es ist besorgniserregend,
wie viele Experten sich durch raffinierte Fälschungen haben täuschen
lassen. Die falschen Klassiker hängen in Privatsammlungen und Museen
– ein Desaster.

Immerhin war es dann doch ein Kunstexperte, der den Skandal
aufdeckte. Das Warnsystem hat funktioniert, spät, aber immerhin. Die
Sache belegt dreierlei. Erstens: Fälscher arbeiten immer
raffinierter, um in einer Szene mit vielen Kennern überhaupt eine
Chance zu haben. Zweitens: Sie machen Werke von Künstlern nach, die
nicht zu prominent sind. Das würde ohnehin schnell auffallen.
Drittens: Auch mit Werken aus der zweiten Reihe der Moderne lässt
sich gutes Geld machen. Fälscher klinken sich zielgerichtet in die
Mechanismen einer Kunstwelt ein, deren stabile Konjunktur sicheren
Erfolg verspricht. Kunst zieht das Verbrechen an. Indirekt liegt
darin ein Kompliment – nur von der falschen Seite.

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