Neue OZ: Kommentar zu Literatur-Zensur / Mullah-Regimes

Konstant ist nur die Verunsicherung

Das iranische Ministerium für Kultur und Islamische Führung
versteht sich auf die Politik der Verunsicherung. Da setzt es mal nur
einen Rüffel, wenn das Kopftuch der Frauen zu weit hinten sitzt, mal
werden die Frauen im Polizeipräsidium verhört. Manchmal passiert aber
auch gar nichts. Sicher ist lediglich: Man weiß nie, was passiert.
Verunsicherung wird zu einer Konstanten des Mullah-Regimes.

Jetzt setzen die Sittenwächter den nächsten Nadelstich. Indem sie
ein 800 Jahre altes Werk zensieren, demonstrieren sie Macht – und
provozieren gleichzeitig ihre Bürger. Denn die Iraner verstehen sich
als ein Volk des Buches, ein Volk, das seine Nationaldichter Rumi und
eben Nezami mindestens so verehrt wie wir Goethe und Schiller. Mit
anderen Worten: Nezami ist ein Grundpfeiler persischer und damit auch
iranischer Identität. Und den unterhöhlt jetzt die Zensur.

Man könnte nun sagen, die iranische Regierung gibt sich damit der
Lächerlichkeit preis. Die Bürger im Iran werden indes allenfalls ein
bitteres Lächeln für diesen neuen Eingriff in ihr Leben haben. Wieder
wird die Freiheit um ein kleines Stück beschnitten, wieder setzt es
einen kleinen Nadelstich. Vielleicht wird die Zensur auch schon
morgen wieder zurückgenommen. Aber die Verunsicherung bleibt.

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