Ort der Simulationen
Welcher Klassikfan hat nicht schon einmal ein Orchester dirigiert,
das er gar nicht vor sich hatte? Der Musikenthusiast postiert sich
für seinen Auftritt als Maestro vor der heimischen Stereoanlage.
Hamburgs Kultursenatorin hat sich das gleiche Amateurvergnügen
gegönnt. Der feine Unterschied: Die Senatorin durfte den Taktstock
immerhin in einer richtigen Philharmonie schwingen.
Doch die Philharmonie ist noch nicht fertig. Das Orchester gibt es
nur als Filmmitschnitt. Und die Interaktivität nur als Simulation.
Immerhin stampfen Strawinskys Rhythmen aus den Lautsprechern.
Wenigstens die sind echt an diesem Ort der Halbheiten. Ein
Orchesterfilm vor blankem Beton – was für ein schlechter Scherz. Aber
wo alle Welt stümpert, darf auch jeder gern mal der Maestro sein.
Stefan Lüddemann
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