Wo bleibt die Anarchie?
Mehr Presse als Polizei: Die Räumung des Tacheles verlief
friedlich, aber unter größter Aufmerksamkeit. Die Künstler des
Berliner Kulturzentrums haben neue Ateliers gefunden; als Symbolort
bewegt das Tacheles die Hauptstadt aber bis zuletzt – weil es den
Markenkern einer Stadt betrifft, die außer dem Tourismus wenig
Industrie zu bieten hat. Das Tacheles war ein Epizentrum der
Hausbesetzer-Folklore; nun erleidet es das Schicksal vieler Hotspots
der Subkultur: die Verbürgerlichung.
Für Berlin ist das umso brisanter, als es zu ohnehin schlechten
Schlagzeilen passt: Auch die renommierte Fotogalerie C/O sucht eine
neue Bleibe, seit der Mietvertrag gekündigt wurde. Die Clubs, die
nach der Wende das hippe Berlin-Image begründet haben, stöhnen unter
Forderungen der GEMA. Und die alternative Szene hat mit ihrem Zorn
gegen das Guggenheim-Lab Zweifel an der eigenen Weltläufigkeit
geweckt. Das einzige Projekt, bei dem Berlin noch richtig anarchisch
agiert, ist der Chaos-Flughafen. Ob gerade das die Party-Touristen
überzeugt?
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