Neue OZ: Kommentar zu Theaterkritiker/ Kriterienkatalog

Lieber Kreativität als Katalog

Kriterien – sie scheinen das große Thema besonders des
diesjährigen Theatertreffens gewesen zu sein. Wohl auch, weil das
Treffen erstmals so deutlich die Grenze zur freien Szene
überschritten hat. Stadttheater untereinander lassen sich vergleichen
– freie Gruppen entziehen sich dem, weil sie strukturell anders
arbeiten. Wäre es da eine Lösung, einen Kriterienkatalog
aufzustellen, der Juroren in letzter Konsequenz das eigene kreative
Denken erspart? Oder will man weiterhin auf sachkompetente
Theaterkritiker vertrauen, die nach Hunderten von gesehenen
Aufführungen und einer Fülle verinnerlichter Kriterien schlicht
erkennen, was gutes Theater ist – auch wenn sie die Kriterien nicht
immer gleich knallhart benennen können, wie in Berlin zu erleben?
Solange der Mensch noch der intelligentere Computer ist, dürfte die
Antwort klar sein. Aber ein bisschen mehr Bemühen beim Formulieren
von Kriterien könnte nichts schaden. Sonst bleibt die Sorge, dass
jede betörende Theatermode den möglichst unbestechlichen Blick
vernebelt.

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