Neue Westfälische (Bielefeld): Christoph Schlingensief ist tot
Ein Leben unter Strom
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Mit Christoph Schlingensief haben wir einen
großen Theater-, Film- und Opernregisseur verloren. Einen
Provokateur, der das Theater liebte und die Grenzen der Kunst immer
wieder ins Politische überschritt, sich auf seine ganz spezielle Art
gesellschaftspolitisch einmischte, provozierte, nie bequem war, jede
Harmonie zertrümmerte und voller Energie und immer unter Strom lebte.
Schlingensief war einer, der einstand für das, was er wollte – mit
jeder Faser seiner Existenz. Einer, der auch angesichts des Todes
nicht aufgab, weiterarbeitete, schrieb, redete, ankämpfte gegen die
Krankheit, noch neue Aufgaben übernahm wie die Gestaltung des
deutschen Pavillons für die Biennale 2011 in Venedig, seinen Traum
von einem Festspielhaus in Burkina Faso zäh verfolgte. Und
Schlingensief war einer, der sich treu blieb. Obwohl er in den
vergangenen Jahren immer mehr Anerkennung erfuhr, im Mainstream
anzukommen schien, in Talkshows gern gesehen war, ließ er sich nicht
korrumpieren, blieb skeptisch, spöttisch und angriffslustig – bis
zuletzt. Nur den Krebs konnte auch er nicht besiegen. Verzweifelt
schrieb er: „Ich hab keinen Bock auf Himmel. So schön wie hier kann
es im Himmel gar nicht sein.“ Er wird fehlen in dieser Welt der
Aalglatten und Angepassten.

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