Neue Westfälische (Bielefeld): Internet-Pranger für Sexualstraftäter
Populismus
HUBERTUS

Die Sicherheit der Bevölkerung ist ein hohes
Gut. Deshalb darf es beim Umgang mit Sexualstraftätern weder Milde
noch Nachlässigkeiten geben. Doch auch Sexualstraftäter haben einen
Anspruch darauf, nach rechtsstaatlichen Prinzipien behandelt zu
werden. Ihre Würde bleibt unantastbar – auch wenn sie anderen
hilflosen Menschen Schlimmes angetan haben. Dies zu akzeptieren fällt
manchmal schwer, aber es ist unbedingt notwendig, damit eine
Gesellschaft in ihrem Kern human bleibt. Einige Unionspolitiker haben
das aber offenbar noch nicht begriffen. Ihre Rufe nach einem
Internet-Pranger für Sexualstraftäter ist ein Rückfall ins
Mittelalter. Schlimmer noch: Konnten Täter vor einigen Jahrhunderten
allenfalls einem kleinen Publikum „zur Schau gestellt“ werden, würden
sie im Netz heute weltweit identifiziert und gebrandmarkt. Wohin das
führt, ist in den USA zu beobachten. Hier hat es bereits mehrfach
Fälle und Versuche von Lynchjustiz gegeben. Es drängt sich der
Verdacht auf, dass es den Befürwortern eines Internet-Prangers in
erster Linie um Effekthascherei geht. Rache statt Resozialisierung –
so lautet ihr populistisches Motto. Würden Namen, Fotos und Adressen
von Sexualstraftätern im Internet veröffentlicht, wäre damit
letztlich niemandem gedient. Es würden lediglich weitere Ängste und
großer Aufruhr in der Bevölkerung geschürt, ohne dass sich
Sexualstraftaten mit einer solchen Maßnahme verhindern ließen.
Vertretern der Polizei und Sozialarbeitern würde ein Bärendienst
erwiesen, ihre Arbeit massiv erschwert. Unterschlagen wird zudem,
dass viele Bundesländer in der jüngeren Vergangenheit bereits neue
Konzepte zum Umgang mit rückfallgefährdeten Sexualstraftätern
erarbeitet haben. Letztere werden unter Führungsaufsicht gestellt und
von Vertretern des Staates beobachtet und kontrolliert. Das ist der
richtige Weg.

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