Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Ärzteproteste Geschmacklos PETER STUCKHARD

Natürlich haben die niedergelassenen Ärztinnen
und Ärzte in Deutschland jedes Recht, ihre pekuniären Interessen
deutlich zu vertreten. Sie sind allerdings keine Arbeitnehmer, die um
eine angemessene Bezahlung, einen Mindestlohn gar kämpfen müssten. Es
steht außer Frage, dass die Vertragsärzte in Deutschland zu den am
besten verdienenden Freiberuflern zählen. Genauso außer Frage steht
allerdings, dass die Spreizung des Einkommens zwischen den einzelnen
Fachgruppen groß ist. Zu groß. Denn dass ein Facharzt für
Allgemeinmedizin oder Kinderheilkunde nur rund die Hälfte der
Einkünfte eines Radiologen hat, ist ebenso wenig in Ordnung wie die
Tatsache, dass ein westfälisch-lippischer Arzt für dasselbe Geld viel
mehr arbeiten muss als ein süddeutscher Kollege. Das alles ist aber
nicht das Problem der Beitragszahler, sondern der Ärzte
untereinander. Es kann ja wohl nicht sein, dass immer mehr Geld in
die Gießkanne kommt, damit auch alle Ärzte am unteren Ende der
Einkommenshackordnung zufrieden sind. Was an der derzeitigen
Auseinandersetzung zwischen Ärzten und Krankenkassen zudem stört, ist
die Unaufrichtigkeit beider Seiten. Natürlich ist es kurzsichtig, ja
geradezu dumm von den Kassen gewesen, die Ärzteschaft mit immer neuen
unbewiesenen Behauptungen als Bande von Abzockern darzustellen. Bei
allen Missständen wie der IGelei: Das war weit überzogen. Genauso
heuchlerisch ist es auf Seiten der Ärzteschaft, so zu tun, als ginge
es um das Wohl der Patienten in Deutschland. Das ist abwegig. Es geht
ums Geld. Das nun aber auch noch mit dem Vokabular eines
Arbeitskampfes zu garnieren ist geradezu geschmacklos. Nein, Ärzte
streiken nicht. Sie wissen überhaupt nicht, was ein Arbeitskampf, ein
Streik gar für alle Beteiligten bedeutet, und nein, eine Urabstimmung
mit einer Beteiligung von 30 Prozent ist keine.

Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de